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# taz.de -- Gewinner der French Open: Try again. Fail again. Fail better.
> Der Schweizer Stan Wawrinka gewinnt in Paris und kann kaum glauben, dass
> er im fortgeschrittenen Sportleralter dazu noch fähig ist.
Bild: Meiner!
Paris taz | Am Ende blieb nur noch die Sache mit der Hose. Als Stan
Wawrinka das rot karierte Beinkleid vor ein paar Wochen zum ersten Mal im
Spiel präsentierte, fanden viele Leute, er sei nicht bei Trost. Nun, in
dieser tatsächlich ziemlich hässlichen Hose machte er beim Sieg gegen Novak
Djokovic in Paris trotzdem eine gute Figur und das Spiel seines Lebens. Bei
der letzten Pressekonferenz der French Open drapierte er sie schließlich
auf dem Tisch und meinte sichtlich amüsiert: „Ich mochte sie von Anfang an.
Aber anscheinend war ich der Einzige.“
Als alles geschafft und der zweite Grand-Slam-Titel im Kasten war, stand er
staunend vor der Bilanz seiner Karriere. Als Teenager dachte Stan Wawrinka,
dessen Vorname Stanislas inzwischen offiziell unter der Kurzform geführt
wird, dass es schön wäre, bei den großen Jungs überhaupt mitspielen zu
dürfen – irgendwann.
Als er Profi wurde und sich dann herausstellte, dass er zwar an manchen
Tagen mit gewaltigen Schlägen ein Menge Unheil anrichten konnte, dass seine
Hand in wichtigen Spielen aber zitterte, da konnte er nur staunen über die
Qualität und die Konstanz der Spieler, die ganz vorn standen, vor allem
dieser andere Schweizer, Roger Federer.
Es war die Zeit, in der er sich die berühmten Worte des Dramatikers Samuel
Beckett in großen Buchstaben auf den linken Unterarm tätowieren ließ. Ever
tried. Ever failed. No matter. Try again. Fail again. Fail better. Die
Philosophie seines Lebens in kurzer Prosa zusammengefasst: Steh auf, wenn
du hingefallen bist, versuch’s weiter. Scheitere besser.
## Unerschütterliche Bescheidenheit
Dann gewann er bei den Australian Open 2014 zur eigenen Überraschung den
Titel, doch dieser eine Titel ließ ihn nicht glauben, es könne auch ein
zweiter möglich sein. Mit den Großen wollte und konnte er sich nicht
vergleichen, und dabei blieb es auch nach dem 4:6, 6:4, 6:3, 6:4-Triumph im
Finale gegen Novak Djokovic. „Ich bin nicht so stark wie die großen vier“,
meinte er in unerschütterlicher Bescheidenheit. „Ich hatte meine Siege, und
ich weiß, dass ich an guten Tagen gegen jeden gewinnen kann, aber ich bin
trotzdem weit von ihnen entfernt.“
Als er das sagte, stand der Coupe des Mousquetaires neben ihm, der Pokal
für den Sieger im Stade Roland Garros. Lohn für einen Auftritt, wie man in
in einem so bedeutenden Spiel nicht oft sieht. Mit einer doppelten Portion
Mut, die an Wahnsinn grenzte, schien er immer bereit zum entscheidenden
Schlag zu sein. So wie beim zweiten Matchball, jenem Rückhandschuss, der
wie ein Blitz kurz vor der Grundlinie auf der anderen Seite einschlug.
Der Wert des Monats, vielleicht sogar des Jahres: Fast die Hälfte aller
Punkte (137), die Wawrinka in diesem Finale gewann, waren 60 direkte
Gewinnschläge, eine phänomenale Bilanz. Und das gegen den besten
Defensivspieler der Welt. Djokovic, der am Ende wie im vergangenen Jahr
nach seiner Niederlage gegen Rafael Nadal so lange vom Publikum gefeiert
wurde, bis ihm die Tränen kamen, war oft genug machtlos. Wawrinka habe
mutig gespielt, aber auch taktisch geschickt, meinte er hinterher,
sichtlich mitgenommen. „Alles, was ich sagen kann, ist: Gut gemacht, er hat
es verdient.“
## Ein wenig zu weich?
Der Sieg des Schweizers macht auch einen Schweden glücklich. Als Magnus
Norman (39) vor knapp zwei Jahren den Trainerposten bei Wawrinka übernahm,
stand der auf Platz 17 der Weltrangliste und spielte auf Beckett-Niveau.
Fast alle hätten ihm damals gesagt, der Typ sei ein wenig zu weich, nicht
der Mann für die großen Momente, sagte er nach dem Sieg am Sonntag. Aber es
ist längst offensichtlich, dass die Kombination des Schweizers und des
Schweden auf eine Art funktioniert, die Wawrinka Stärke gab. „Das hier ist
auch für dich“, rief der Spieler hinauf zum Coach auf der Tribüne. „Endli…
hast du den Titel.“
Als Spieler hatte Norman im Finale anno 2000 gegen Gustavo Kuerten zehn
Matchbälle abgewehrt und mit dem elften verloren. Danach hatte er wegen
andauernder Hüftprobleme nur noch drei Jahre gespielt. Und als Coach seines
Landsmanns Robin Söderling hatte er zweimal zugesehen – 2009 und 2010 –,
wie sein Mann das Finale in Paris verlor. Diesmal gehörte er zu den
Siegern.
Wawrinka sagt, damals nach dem Titel in Australien habe es Wochen gedauert,
bis er die Dimension des Ganzen begreifen und fühlen konnte. Er geht davon
aus, dass es beim zweiten Mal nicht schneller gehen wird. Der Blick auf
seine Trophäen lässt ihn manchmal zweifeln, ob das alles wahr sein kann:
zwei Grand-Slam-Titel, der Davis Cup und die Goldmedaille vom Sieg im
Doppel mit Roger Federer bei den Olympischen Spielen in Peking. Keine
schlechte Bilanz für einen, der sich einst „Fail Better“ in den Arm stechen
ließ.
8 Jun 2015
## AUTOREN
Doris Henkel
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