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# taz.de -- Finale der Europa League: Nationale Mission
> Beim Finale zwischen Sevilla und Dnipropetrowsk geht es auch um Politik.
> Der ukrainische Klub gehört einem strammen Patrioten.
Bild: Jubelnde Fans nach dem Finaleinzug: Dnipro wäre der dritte nach Kiew und…
Warschau taz | Es gibt diese stinkreichen Menschen, bei denen sündhaft
teure Gemälde in den Villen hängen, obwohl die Menschen als Kulturbanausen
durchgehen. Stinkreiche Oligarchen aus der Ukraine haben ein Faible für
Fußballklubs. Ihor Kolomojskyj hat mit dem Sport zwar wenig am Hut, aber
einen Klub aus seiner Heimat Ukraine hält er sich. Es ist der FC Dnipro aus
Kolomojskyjs Heimatstadt Dnipropetrowsk.
Der Verein fiel in den vergangenen Jahrzehnten vor allem auf, weil sein
Name für viele Kommentatoren ein Zungenbrecher war. Das ist bis heute so
geblieben, neu ist aber, dass die Reporter auch Ende Mai noch unfallfrei
Dnipropetrowsk über die Lippen bringen müssen.
Der FC Dnipro Dnipropetrowsk spielt am Mittwochabend (20.45 Uhr, live bei
kabel eins) im Finale der Europa League gegen den FC Sevilla. Die Spanier
sind als Titelverteidiger hoher Favorit, weshalb die Ukrainer das „Wunder
von Warschau“ beschwören.
Ein Triumph für den FC Dnipro wäre auch ein Erfolg für alle Ukrainer, denen
an der Einheit des gebeutelten Landes gelegen ist. An der Spitze dieser
Bewegung stehen die beiden einflussreichsten Oligarchen der Nation. Petro
Poroschenko, seit Juni 2014 Staatspräsident, und Kolomojskyj.
Der 52-jährige Eigentümer des FC Dnipro häufte seine Milliarden vor allem
als Besitzer der wichtigsten ukrainischen Privatbank an. Er ist ebenso
extravagant wie charismatisch und umstritten, er scheut keinen Konflikt,
auch nicht mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin, den er mal als
„kleinen Schizophrenen“ beschimpfte.
## Einflussnahme mit Privatarmee
Kolomojskyj hat außer der ukrainischen auch die zyprische und israelische
Staatsbürgerschaft. Dass dies per Gesetz verboten ist, stört ihn nicht. Er
machte sich sogar darüber lustig. Die doppelte Staatsbürgerschaft sei
verboten, die dreifache nicht.
Bis März war Kolomojskyj Gouverneur der Region Dnipropetrowsk, die am
westlichen Rand des Kriegsgebiets in der Ostukraine liegt. Er musste auf
Druck des Staatspräsidenten zurücktreten, nachdem er mit einer Privatarmee
wichtige Energieunternehmen besetzt hatte, in denen er um seinen Einfluss
fürchtete.
Viele Ultras des FC Dnipro dienen in der regulären Armee der Ukraine. Sie
tragen die Politik in die Stadien und gelten wie der Eigentümer des Klubs
als stramme Patrioten. Tausende Fans machten sich auf den Weg nach
Warschau, um ihre Mannschaft beim wichtigsten Spiel der Vereinsgeschichte
zu unterstützen, in dem es einen Pokal und erstmals auch einen direkten
Startplatz für die Champions League zu gewinnen gibt.
Obwohl Polen die Visabedingungen lockerte, gab es viele abgelehnte
Bescheide. Etliche Anhänger werden zu Hause mit ihrer Mannschaft fiebern
müssen. Der Star des Teams ist Jewhen Konopljanka. Der 25 Jahre alte
Flügelstürmer spielt seit seiner Jugend für den FC Dnipro.
In den vergangenen Transferperioden äußerte er zwar stets den Wunsch,
vorzugsweise in die englische Premier League zu wechseln, aber dazu kam es
nicht. Im Winter 2013/14 war sich Konopljanka mit dem FC Liverpool einig,
aber ohne die Unterschrift des Oligarchen geht nichts. Kolomojsky
verweigerte sein Autogramm.
## Duell der steinreichen Oligarchen
Außer einem politischen Präsidenten und patriotischen Ultras hat der FC
Dnipro auch einen Trainer, der offen für die Einheit der Ukraine wirbt.
„Die ganze Nation wird hinter uns stehen“, sagte der 64 Jahre alte Myron
Markewitsch, der vor der Saison vom großen Rivalen Metalist Charkiw kam.
Dieser Wechsel war so spektakulär, als würde Jürgen Klopp in der kommenden
Saison den FC Schalke trainieren.
Obwohl Markewitsch am vergangenen Wochenende einige Leistungsträger
schonte, gewann der FC Dnipro mit 3:2 gegen Schachtar Donezk. Anders als
die Heimspiele in der Europa League, die wegen der Sicherheitsbedenken des
europäischen Verbandes Uefa in Kiew ausgetragen wurden, trafen die
Mannschaften in der Dnipro-Arena aufeinander.
Der Sieg brachte die Mannschaft aus Dnipropetrowsk in der Meisterschaft auf
zwei Punkte an den Tabellenzweiten aus Donezk heran. Viel mehr wird
Kolomojskyj gefreut haben, dass Rinat Achmetow bezwungen wurde, ein
ebenfalls steinreicher Oligarch, der Schachtar seit vielen Jahren
finanziert. Schachtar gewann als bislang letzte ukrainische Mannschaft 2009
den Uefa-Cup, wie er damals noch hieß.
27 May 2015
## AUTOREN
Marcus Bark
Denis Trubetskoy
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