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# taz.de -- Hausverbot für Aufmüpfigen: Nachtreten gegen Betriebsrat
> Weil er in seiner Zeit als Betriebsrat beim Berufsbildungswerk für zu
> viel Aufruhr sorgte, erhielt Michael Müller dort Hausverbot.
Bild: Tür zu, Riegel vor: Das Berufsbildungswerk reagiert auf Kritik recht ver…
Als Michael Müller Ende 2014 in Pension geht, wird er vom
Berufsbildungswerk Bremen (BBW) mit einem schlichten Schreiben
verabschiedet: „Haus- und Geländeverbot ab 1. 1. 2015“ lautet die
Botschaft, unterschrieben vom damaligen Geschäftsführer Gerd
Meyer-Rockstedt. Über drei Jahrzehnte lang war Müller im Betrieb und als
Betriebsrat aktiv, 25 Jahre als dessen Vorsitzender. Er hat sich
eingemischt, sich mit dem Geschäftsführer gestritten – aber nun ein
Hausverbot, direkt nach seiner Pensionierung?
Sein ehemaliger Kollege Eckhard Hasselmann erfährt von der Sache. In der
Einrichtung in Horn-Lehe, unweit der Universität, erlernen junge Leute
einen Beruf, viele von ihnen haben eine Behinderung. Hasselmann war 19
Jahre beim Berufsbildungswerk, lange als Leiter der Ausbildungsabteilung.
Er kennt Müller und ist über das Hausverbot erzürnt: „Gegen Herrn Müller
liegt nichts vor“, sagt Hasselmann, „er hat nur seine normale
Betriebsrats-Arbeit gemacht.“
Klar: Dabei kam es zu Konflikten. Etwa darüber, welche Vertretungsrechte
die Auszubildenden haben, oder ob das Bildungswerk ein „Tendenz-Betrieb“
ist, mit eingeschränkten Mitbestimmungsrechten. 2004 versuchte
Geschäftsführer Meyer-Rockstedt, den neunköpfigen Betriebsrat seines Amtes
zu entheben. Hintergrund war ein offener Brief, der das Betriebsklima und
den Führungsstil von Meyer-Rockstedt kritisierte. Auch von Ver.di kam
damals eine Protestnote gegen das Amtsenthebungsverfahren. Müller wirkte
weiter im Betriebsrat, Meyer-Rockstedt vergas den Brief nicht.
Im Frühjahr 2015 wird Hasselmann wegen des Hausverbots gegen seinen
Kollegen Müller aktiv. Er schreibt einen Brief an den Sozialverband
Deutschland, der das Bildungswerk betreibt, und an Bundesarbeitsministerin
Andrea Nahles (SPD). Denn sie besuchte Mitte April das BBW in Bremen und
für Hasselmann ist das ein Anlass, sie in dieser Sache um Vermittlung zu
bitten. Auch ein Gespräch mit dem neuen Geschäftsführer, Torben Möller,
kommt zu Stande. „Ich dachte, der hat vielleicht ein Einsehen, weil er ja
persönlich keinen Groll haben kann“, sagt Hasselmann. Denn er übernahm die
Geschäftsführung erst, als Betriebsrat Müller schon in Rente war.
Doch ein paar Tage später bekommt auch Hasselmann einen Brief –
Einschreiben mit Rückschein. Unter anderem mit dem Brief an Nahles habe er
„die positive und überregionale Darstellung des Berufswerkes [...] nicht
nur gefährdet, sondern auch diskreditiert“. Auch Hasselmann erhält ein
unbefristete Hausverbot.
Klaus Richter, Anwalt für Arbeitsrecht, vertritt seit Jahren den
BBW-Betriebsrat und aktuell auch Hasselmann und Müller. „Armselig und
kleinkariert“, nennt er die Hausverbot. Im sei kein vergleichbarer Fall
bekannt. Dass auch der neue Geschäftsführer ins gleich Horn bläst, wundert
ihn nicht: Er ist mit Meyer-Rockstedt verschwägert. Ob das Hausverbot für
einen öffentlichen Betrieb rechtlich überhaupt haltbar ist, bezweifelt
Richter. Wichtiger sei für ihn aber die moralische Dimension: „Sowas ist
einfach unanständig“, sagt Richter. Sein Mandant Müller könne etwa dem
neuen Betriebsrat nicht von seinen Erfahrungen berichtet. Auch ist Müller
selbst Mitglied im Sozialverband, der auf dem BBW-Gelände Treffen abhält.
Gerd Meyer-Rockstedt, seit Jahren auch Landesvorsitzender des
Sozialverbands Deutschland in Bremen, findet sein Hausverbot gegen Müller
nicht übertrieben: „Er hat seine Betriebsrats-Tätigkeit so ausgelegt, als
würde er den Klassenkampf führen“, sagt Meyer-Rockstedt. Das
Berufsbildungswerk stehe im Konkurrenzkampf und könne sich negative
öffentliche Darstellungen nicht leisten.
„Müller hat Mängel aufgezeigt, die es nicht gab.“ Und: der Betriebsrat sei
im Umgang mit der Geschäftsleitung auch nicht zimperlich gewesen, sagt
Meyer-Rockstedt. Er kommt auf den offenen Brief zu sprechen, von vor über
11 Jahren. „Lügen und Unterstellungen“ habe der enthalten. „Wer austeilt,
der muss auch einstecken können“, sagt Meyer-Rockstedt.
20 May 2015
## AUTOREN
Jean-Philipp Baeck
## TAGS
Betriebsrat
Werder Bremen
Ausbildung
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