# taz.de -- Militante Polizei: "Einsatz" heißt das Wörtchen | |
> Das Grundgesetz erlaubt Armee-Einsätze im Innern nur ausnahmsweise. | |
> Unbewaffnete Amtshilfe ist zulässig. | |
Bild: Das beflügelt die Polizei. | |
## Auf das Wörtchen "Einsatz" kommt es an | |
## Das Grundgesetz erlaubt Armee-Einsätze im Innern nur ausnahmsweise. | |
Unbewaffnete Amtshilfe ist zulässig | |
FREIBURG taz Es ist nicht das erste Mal, dass Tornados der Bundeswehr bei | |
Großereignissen im Innern eingesetzt worden sind. Nicht nur beim | |
G-8-Gipfel, sondern auch letztes Jahr bei der Fußball-WM und beim | |
Papst-Besuch patrouillierten Awacs-Flugzeuge im Luftraum. Das Grundgesetz | |
verbietet solche Einsätze seit 1968 nicht mehr prinzipiell, der Einsatz im | |
Innern ist in zwei Artikeln geregelt, die im Rahmen der sogenannten | |
Notstandsgesetze eingeführt wurden. | |
Nach Artikel 87 a sind "Einsätze" der Bundeswehr nur erlaubt, wenn das | |
Grundgesetz sie "ausdrücklich" zulässt. So kann die Bundeswehr zum "Schutz | |
ziviler Objekte" und zur Bekämpfung" bewaffneter Aufständischer" eingesetzt | |
werden, wenn der Staat bedroht und die Polizei überfordert ist. Laut | |
Artikel 35 kann ein Land die Bundeswehr zudem bei einer Naturkatastrophe - | |
wie 1997 beim Oder-Hochwasser - oder einem besonders schweren Unglücksfall | |
anfordern. Die Bundeswehr muss dabei nicht auf den Eintritt der Katastrophe | |
warten, sondern kann auch schon zur Abwehr eines sicher bevorstehenden | |
Terrorangriffs eingesetzt werden, ergänzte das Verfassungsgericht 2006. | |
All diese Möglichkeiten passen natürlich nicht auf die Situation in | |
Heiligendamm. Die Bundeswehr sagt, sie habe der Polizei nur "technische | |
Amtshilfe" geleistet. Hierzu heißt es in Artikel 35 des Grundgesetzes: | |
"Alle Behörden des Bundes und der Länder leisten sich gegenseitig | |
Amtshilfe." Die Bundeswehr wird dabei nicht besonders erwähnt, es ist | |
jedoch unter Verfassungsrechtlern allgemein anerkannt, dass sie bei | |
Großereignissen mit Geräten, Personen und Material helfen darf. | |
Entscheidendes Kriterium: Die Soldaten dürfen nicht bewaffnet sein und | |
nicht in Grundrechte der Bürger eingreifen. | |
Eine Überwachung wie beim G-8-Gipfel oder bei der WM gilt deshalb als | |
zulässig, weil die Flugzeuge unbewaffnet vom Boden aufsteigen und daher, so | |
Juristen, nicht "im Einsatz" sind. Der läge erst vor, wenn bei einem | |
Luftzwischenfall ein Jagdbombergeschwader aufsteigt und das eindringende | |
Flugzeug kontrolliert oder abdrängt. Dies ist selbst nach der Karlsruher | |
Entscheidung zum Luftsicherheitsgesetz vom vorigen Jahr noch zulässig. | |
Die Recce-Tornados in Heiligendamm dienten nur der Aufklärung, heißt es bei | |
der Bundeswehr. Sie sollten zum Beispiel herausfinden, ob Straßen | |
aufgerissen oder im Gelände Gräben gebuddelt werden. Konkrete Folgeeinsätze | |
hätte die Polizei übernommen. Die Tornados waren nach Darstellung der | |
Bundeswehr nicht bewaffnet und hatten nicht die Fähigkeit, einzelne | |
Gesichter oder Autokennzeichen zu identifizieren. "Das gibt die Auflösung | |
der Fotos gar nicht her", so ein Militärsprecher. Wenn das stimmt, dann | |
wäre der Einsatz jedenfalls nicht verfassungswidrig. CHRISTIAN RATH | |
14 Jun 2007 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
## TAGS | |
Zivilschutz | |
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