# taz.de -- Historiker: Friedenspreis für Friedländer | |
> Der Holocaust-Überlebende Saul Friedländer wird mit dem Friedenspreis des | |
> Deutschen Buchhandels geehrt. | |
Bild: Friedenspreisträger Friedländer | |
## Couragiert und selbstironisch | |
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Saul Friedländer versteht es sein Publikum mit Ironie auf Distanz zu | |
halten. Als der Historiker 2006 vor einem voll besetzten Auditorium im | |
Jüdischen Museum in Berlin sein Hauptwerk "Die Jahre der Vernichtung" | |
vorstellte, lobten alle überschwänglich Buch und Autor. Einem Überlebender | |
des Holocaust, der diesen gleichzeitig herausragend erforscht, kann, zumal | |
im jüdischen Museum, wohl nur Ehrfrucht entgegengebracht werden. | |
Kurz vor Ende der Veranstaltung, die recht weihevoll geriet, meldete sich | |
Friedländer nochmals knapp zu Wort: "Mir fällt noch ein Witz ein. Was ist | |
der Unterschied zwischen einer Beerdigung und dieser Veranstaltung? Hier | |
glaubt zumindest einer, an all das Schmeichelhafte, das gesagt wurde." | |
Charmanter kann man dem deutschen Philosemitismus nicht den Spiegel vor die | |
Nase halten. | |
Trotzdem oder gerade deswegen wird er gern mit Preisen bedacht - und das zu | |
Recht. Nachdem er im Frühjahr den Preis der Leipziger Buchmesse erhielt und | |
schon 1998 mit dem Geschwister-Scholl-Preis ausgezeichnet worden war, wird | |
er nun am 14. Oktober mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels | |
ausgezeichnet. | |
Damit werde der "epische Erzähler der Geschichte der Schoah, der Verfolgung | |
und der Vernichtung der Juden in der Zeit nationalsozialistischer | |
Herrschaft in Europa" geehrt, teilte gestern der Vorsteher des | |
Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Gottfried Honnefelder, mit. Die | |
Auszeichnung ist mit 25.000 Euro dotiert. | |
Friedländer wurde 1932 als Sohn einer deutschsprachigen jüdischen Familie | |
in Prag geboren. Nach der Besetzung Prags 1939 floh er mit seinen Eltern | |
nach Frankreich, von wo sie 1942 deportiert und in Auschwitz ermordet | |
wurden. Friedländer überlebte in einem katholischen Internat. Sechs Jahre | |
später wanderte er nach Palästina aus und studierte in Tel Aviv. | |
1963 promovierte er und arbeitete danach am Genfer Institut für | |
Internationale Studien als Professor. Später lehrte er in Israel, den USA | |
sowie als Gastprofessor an verschiedenen europäischen Universitäten. Seine | |
Bücher verstören das Publikum nicht mit Schreckensbildern, sondern | |
mobilisieren die Erinnerung an die Leiden und den Schmerz der Opfer, um das | |
Ausmaß der Verbrechen begreifbar zu machen. Wie kein anderer Historiker | |
verschränkt Friedländer die Perspektiven von "Tätern, Opfern, Zuschauern" - | |
wie eines seiner Bücher programmatisch heißt. | |
Als Autor fällt Friedländer durch seine Stilsicherheit auf. Der Historiker | |
ist ein Erzähler, und seine Texte sind, trotz analytisch hohem Niveau, im | |
Ton fern von dem oft unverständlichen Wissenschaftscode seiner deutschen | |
Kollegen. DAH, SR | |
15 Jun 2007 | |
## AUTOREN | |
Daniel Haufler | |
Stefan Reinecke | |
## TAGS | |
Politisches Theater | |
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