# taz.de -- Neue Linke: Frauen kritisieren die Linkspartei | |
> Am Wochenende gründet sich die Linkspartei. Die Spitzenposten sind seit | |
> langem besetzt - ausschließlich von Männern. Nun fordern PDS-Frauen die | |
> Erneuerung der Quote | |
Bild: Männer unter sich: Gysi, Lafontaine, Bisky und Ernst | |
In Berlin soll eine neue Linke entstehen: feministisch, antiautoritär, | |
offen, sozial und ökologisch. So weit der Plan der ostdeutschen Partei des | |
demokratischen Sozialismus PDS und westdeutscher Wahlalternative für Arbeit | |
und soziale Gerichtigkeit WASG. | |
Doch die Realität sieht anders aus. Lange vor dem Vereinigungsparteitag | |
stand fest: Die neue Linkspartei wird von älteren Herren regiert werden. | |
Dabei haben die PDS und die WASG eigentlich eine Frauenqoute von 50 Prozent | |
beschlossen. Das müsste sich - reine Mathematik -auch in der Spitze der | |
neuen Organisation wiederfinden. | |
Doch die präsentiert eine ganz andere Gleichung: Vor dem Auftauchen der | |
WASG war die PDS bei knapp 5 Prozent, seitdem ist sie bei über 8. Also muss | |
WASG-Vorsitzender Oskar Lafontaine sowohl in den Partei- als auch in den | |
Fraktionsvorsitz. Das Gleiche gilt für Lothar Bisky und Gregor Gysi - denn | |
die haben die PDS ja erst auf 5 Prozent gebracht. | |
Die PDS-Frauen sind nicht amüsiert. Zumal auch der designierte | |
Schatzmeister und der Bundesgeschäftsführer der neuen Linkspartei Herren | |
sind. "Dass es in der Spitze keinen Platz für Frauen gibt, ist ein | |
politischer Fehler", so die linke Vizechefin Katja Kipping ([1][siehe | |
Interview]). Doch für eine Palastrevolution reicht der Ärger nicht. | |
Auch viele enttäuschte Grüne und Friedensbewegte, die mit der WASG zur | |
Linkspartei kommen, sind verunsichtert. In den Führungszirkeln der neuen | |
Partei werden machtbewusste Gewerkschaftsmänner das Sagen haben. Sie werden | |
sich gut verstehen mit der PDS-Stammklientel, die allein die Frage für | |
vorrangig hält, ob das Proletariat genug zu essen hat. Alles andere droht | |
zum Nebenwiderspruch zu verkommen. | |
Viele Ostgenossen fürchten, dass mit den Westlern etwas wiederkommt, das | |
sie seit SED-Zeiten hinter sich gelassen zu haben glaubten: autoritäre | |
Führungsstrukturen und Maßregelung per Parteiausschuss. Selbst viele derer, | |
die von Anfang an für eine Vereinigung mit der WASG waren, beschweren sich | |
heute über den autoritären Stil der Führung um Lafontaine. Manche sprechen | |
schon ironisch vom "neuen ZK in Berlin". | |
Rückwärts gewandt wirkt auch das Verhältnis vieler WASGler zu den neuen | |
sozialen Bewegungen. Die PDS hat Attac und Co. längst als Möglichkeit | |
erkannt, ihre eigenen Themen zu pushen und junge Polittalente zu entdecken. | |
Die WASG dagegen sieht in DGB und IG Metall die einzigen ernst zu nehmenden | |
Bündnispartner. Unter Applaus verkündete ein Redner auf dem WASG-Parteitag | |
in Dortmund, man solle sich nicht "jedem Kaninchenzüchterverein" an den | |
Hals werfen. | |
Der Vorwurf, sowohl WASG als auch PDS seien Parteien der Alten, kommt | |
dagegen nur von außerhalb. Und: Diese Anmutung könnte tatsächlich eine | |
einzigartige Perspektive sein: "Die Zukunftschancen einer Linkspartei | |
liegen gerade darin, dass sie eben nicht primär als Partei eines ungestümen | |
jugendlichen Radikalismus agiert", schreibt der Parteienforscher Franz | |
Walter in seinem Buch "Die Linkspartei". Schließlich sei absehbar, dass in | |
den nächsten 50 Jahren ältere Menschen bestimmen werden, was politisch in | |
Deutschland angesagt ist. Von dieser Entwicklung könne die neue Linkspartei | |
als Partei der Senioren profitieren - als eine Art Rote Panter. | |
15 Jun 2007 | |
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## AUTOREN | |
Daniel Schulz | |
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