# taz.de -- Krümmel-Brand: Mit Gasmaske im AKW-Kontrollraum | |
> Jetzt auch noch Rauchgas in der Reaktorzentrale: Täglich werden neue | |
> Details des Brands im Atomkraftwerk Krümmel bekannt. | |
Bild: Brand im AKW Krümmel | |
Der Atomkonzern Vattenfall gerät wegen seiner Informationspolitik nach dem | |
Brand im AKW Krümmel immer stärker unter Druck. Wie am Freitag bekannt | |
wurde, ist bei dem Feuer am Donnerstag vergangener Woche durch das | |
Lüftungssystem Rauchgas in die Leitwarte des Kraftwerks eingedrungen. Nur | |
mit einer Gasmaske habe ein Mitarbeiter seinen Dienst in diesem zentralen | |
Steuerraum des Reaktors fortsetzen können, teilte das | |
schleswig-hosteinische Sozialministerium mit. Das Bundesumweltministerium | |
verlangte daraufhin Aufklärung und bat Vattenfall und die Landesaufsicht zu | |
einem "bundesaufsichtlichen Gespräch" am Montag. | |
Vattenfall bestätigte den Vorfall. Mehrere Mitarbeiter im Kontrollraum | |
hätten unter Schleimhautreizungen gelitten. "Der Reaktorfahrer selbst hat | |
nach Öffnung der Ventile eine Gasmaske angelegt", sagte Bruno Thomauske, | |
Geschäftsführer der Vattenfall Europe Nuclear Energy. Zudem habe es im Zuge | |
der Schnellabschaltung Probleme bei der Eigenstromversorgung des Kraftwerks | |
und bei der Datensicherung gegeben. Nach dem Brand hatte Vattenfall | |
zunächst behauptet, der Reaktor selbst sei nicht betroffen gewesen. | |
Auch räumte Vattenfall Fehler bei der Schnellabschaltung ein: Nach dem | |
Brand im Transformatorgebäude sei der Reaktor durch ein Missverständnis | |
schneller als geplant heruntergefahren worden, erklärte Thomauske. Der | |
Reaktorfahrer habe eine Anweisung seines Chefs falsch verstanden. Die | |
schnelle Reduzierung des Drucks im Reaktor von 65 auf 20 Bar sei für | |
gravierendere Störfälle vorgesehen und objektiv nicht notwendig gewesen. | |
Dazu habe der Mitarbeiter zwei Ventile von Hand geöffnet. | |
"Vattenfall hat mit den Eingeständnissen weiterer Vorfälle seit letzter | |
Woche in skandalöser Weise deutlich gemacht, mit welcher Lässigkeit ein | |
weltweit agierender Stromkonzern mit den Ängsten der Menschen umgeht", | |
sagte der energiepolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Olaf | |
Schulze. | |
Bereits zuvor hatte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast gefordert, dem | |
Stromversorger Vattenfall die Lizenz zum Betrieb von Atomreaktoren zu | |
entziehen. Das Unternehmen verfüge nicht über die zwingend geforderte | |
Zuverlässigkeit. Das Kieler Sozialministerium will den Vorschlag prüfen: | |
"Wir lassen gerade klären, ob das Land dazu rein rechtlich in der Lage | |
ist", sagte ein Sprecher der taz. | |
Hintergrund der Forderung ist ein Passus im Atomgesetz, der Betreibern von | |
Atomanlagen eine besondere Vertrauenswürdigkeit abverlangt. "Vattenfall hat | |
die Öffentlichkeit nicht über das wirkliche Ausmaß des Zwischenfalls | |
informiert", sagte Künast. Der Vorwurf trifft das Unternehmen nicht zum | |
ersten Mal: Auch bei der Beinahekatastrophe im schwedischen Reaktor | |
Forsmark 2006 sowie bei Störfällen in Brunsbüttel hatte Vattenfall erst | |
verspätet über die wahre Dimension aufgeklärt. | |
Grünen und Landes-SPD sind nicht die einzigen Vattenfall-Kritiker. Auch im | |
Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) rumort es: Gegenüber der Öffentlichkeit | |
äußert sich die Behörde zwar grundsätzlich nicht zu Reaktorstörfällen. Do… | |
gegenüber dem übergeordneten Bundesumweltministerium gab die Fachbehörde | |
ihrer Verwunderung über die jüngsten Ereignisse im Hause Vattenfall sehr | |
wohl Ausdruck, wie aus internen Kreisen zu erfahren ist. Dabei stört sich | |
das BfS zum einen an der Häufung der Störfälle in den Meilern Brunsbüttel | |
und Krümmel, zum anderen an der wiederholt zögerlichen Informationspolitik. | |
Rein formal wäre ein Entzug der Lizenz machbar. Im Atomgesetz ist klar | |
definiert, dass atomrechtliche Genehmigungen widerrufen werden können, wenn | |
"eine ihrer Voraussetzungen später weggefallen ist und nicht in | |
angemessener Zeit Abhilfe geschaffen" wird. | |
7 Jul 2007 | |
## AUTOREN | |
B. Janzing | |
M. Kreutzfeldt | |
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