# taz.de -- Atomkraft: "Klimaschützer der Woche" vom Netz | |
> Nach Feuer und Kurzschlüssen mussten die Akws in Krümmel und Brunsbüttel | |
> vorläufig abgeschaltet werden. Grüne Rebecca Harms verlangt schnelleres | |
> Ende für den Meiler in Krümmel. | |
Bild: Feuer im Trafohaus des Akw Krümmel | |
Geesthacht/Brunsbüttel taz/dpa Nach den Pannen in den Atomkraftwerken | |
Krümmel und Brunsbüttel haben die Grünen ihre Forderung nach einem | |
Atomausstieg bekräftigt. "Die Vorfälle zeigen: Es ist unverantwortlich, an | |
den Sicherheitsfragen achtlos vorbei zu gehen, wie es die Atomlobby gern | |
täte", sagte Grünen-Chef Reinhard Bütikofer der Neuen Presse. Eine | |
Laufzeitverlängerung, wie von Union und Energiekonzernen angestrebt, sei | |
politisch inakzeptabel. Das Deutsche Atomforum, eine Lobbyvereinigung von | |
Atomindustrie und Atomkraftbetreibern, fährt zur Zeit eine großangelegte | |
Kampagne "Klimaschützer der Woche", in der es Atommeiler als die Lösung für | |
das Klimaproblem anpreist. Doch erst vor einer Woche hatte | |
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) einen Antrag auf | |
Laufzeitverlängerung für Brunsbüttel abgelehnt. | |
Die Grünen-Europaabgeordnete Rebecca Harms sagte, Krümmel gehöre zu jenen | |
Reaktoren, bei denen es gute Gründe gebe, sie stillzulegen. Das Mindeste | |
sei, sie zu dem Zeitpunkt abzuschalten, der im Atomkonsens vereinbart | |
worden sei. "Bestürzend ist allerdings, dass dieser Konsens längst von der | |
Atomindustrie aufgekündigt worden ist. Und dass diese vor dem Energiegipfel | |
nächste Woche riesigen Druck auf die Politik macht, um die Laufzeiten zu | |
verlängern", sagte Harms. | |
Nach einem Brand und einem Kurzschluss hatten die Betreiber am Donnerstag | |
die Atomkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel in Schleswig-Holstein | |
abgeschalten müssen. Auf dem Gelände des Meilers Krümmel in Geesthacht | |
östlich von Hamburg brach am Nachmittag in einer großen Trafostation ein | |
Feuer aus, das am späten Nachmittag gelöscht war. Wie die Feuerwehr | |
mitteilte, hatte sich Kühlflüssigkeit entzündet. Eine Gefahr für den | |
Nuklearbereich bestand nach Angaben des Betreibers Vattenfall nicht. Die | |
Ursache der Entzündung ist bislang noch unklar. | |
Am Donnerstag hatte gegen Mittag bereits das Atomkraftwerk Brunsbüttel an | |
der Elbe nach einem Kurzschluss in einer Schaltanlage heruntergefahren und | |
vom Netz getrennt werden müssen. | |
"Es erfolgte in beiden Fällen eine automatische Schnellabschaltung", sagte | |
ein Vattenfall-Sprecher. Wann die beiden Atomkraftwerke wieder ans Netz | |
gehen, war zunächst unklar. Nun müsse erst die Lage gründlich analysiert | |
werden, bevor der reguläre Betrieb wieder aufgenommen werden kann. "Es kann | |
durch die Abschaltungen zu Beeinträchtigungen der Stromversorgung gekommen | |
sein", erklärte der Vattenfall-Sprecher weiter. Nach Angaben der Polizei | |
fielen in Hamburg zwischen 13.00 und 13.15 Uhr und zwischen 15.00 und 15.15 | |
Uhr fast 800 Ampeln kurzfristig aus. | |
Gut 100 Feuerwehrleute waren angerückt, um den Brand im Atommeiler Krümmel | |
mit Schaum zu löschen. Gegen Abend waren die Hauptlöscharbeiten | |
abgeschlossen. "Es sah dramatischer aus, als es offenbar war", sagte ein | |
Sprecher der Feuerwehr Geesthacht. | |
Über die betroffene Trafostation wird der erzeugte Strom in das Netz | |
eingespeist. "Es ist eine Menge Qualm entstanden, weil der 380- | |
Kilovolt-Transformator ölgekühlt ist", sagte Jens Meier, Reaktorexperte im | |
Kieler Sozialministerium. Radioaktivität sei nicht ausgetreten. Die | |
Schadenshöhe konnte nicht beziffert werden, weil der Brandort durch enorme | |
Hitzeentwicklung frühestens am Freitag in Augenschein genommen werden kann. | |
Nach Ansicht der Umweltorganisation Greenpeace hätte sich der Brand über | |
Kabeltrassen in den Reaktor ausbreiten können. Er sei daher gefährlich | |
gewesen. | |
Im letzten Jahr wurden in Krümmel 15 "meldepflichtige Ereignisse" | |
registriert, bestätigte der Betreiber. Der 1984 in Betrieb gegangene Meiler | |
gehört damit zu den störanfälligsten Atomanlagen in Deutschland. Die zwei | |
Akws liefern nach Angaben der Betreiber zusammen die Hälfte des in | |
Schleswig-Holstein erzeugten Stroms. Krümmel lief mit voller Leistung, als | |
der Brand ausbrach. | |
Schon kurz nach dem Bekanntwerden der Zwischenfälle setzte die politische | |
Diskussion ein. "Ich fordere sofortige und umfassende Aufklärung des | |
Brandes", sagte der Grünen-Vorsitzende Reinhard Bütikofer. | |
Schleswig-Holsteins Innenminister Ralf Stegner (SPD) bekräftigte die | |
Grundsatzhaltung seiner Partei, am beschlossenen Atomausstieg strikt | |
festzuhalten. | |
29 Jun 2007 | |
## AUTOREN | |
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