# taz.de -- Bahn-Tarifabschluss: Lokführer wollen mehr | |
> Die Bahn zahlt 4,5 Prozent mehr Gehalt, der Bahnchef sprach vom höchsten | |
> Tarifabschluss seit Kriegsende. Nur die Lokführer streiken weiter. | |
Bild: Immer diese Lokführer! Eine Geduldsprobe für Bahnchef Hartmut Mehdorn. | |
BERLIN taz Der Tarifstreit ist beendet - aber die Bahn streikt. Was auf den | |
ersten Blick paradox aussieht, ist Realität: Die Deutsche Bahn AG und die | |
Tarifgemeinschaft der Eisenbahnergewerkschaften Transnet und GDBA einigten | |
sich am Montagmittag nach nächtelanger Verhandlung in einem Berliner Hotel | |
auf einen Tarifabschluss, der den Bahnern eine kräftige Lohnerhöhung von | |
4,5 Prozent bringen soll. Die Verbandstarifkommission von Transnet und GDBA | |
stimmten dem Abschluss noch am Montagnachmittag zu. | |
Die kleinere Gewerkschaft der Lokführer (GDL) saß bei den Verhandlungen | |
allerdings nicht mit am Tisch, weil sie für ihre Mitglieder einen eigenen | |
Tarifvertrag mit deutliche höheren Zuwächsen anstrebt. Sie ruft für | |
Dienstag zwischen 8 und 11 Uhr bundesweit zu Warnstreiks auf. Beim | |
Lokführerstreik vor einer Woche ging bei der Bahn zeitweise flächendeckend | |
gar nichts mehr. Am Freitag trifft sich die GDL mit dem Bahnvorstand, der | |
die Forderungen der Lokführer kategorisch ablehnt. | |
Der neue Tarifvertrag, der über eine Laufzeit von 19 Monaten gilt, birgt im | |
Detail durchaus Überraschungen: Mit 4,5 Prozent mehr Lohn erzielen Transnet | |
und GDBA ein Ergebnis, das sich im Vergleich mit anderen Branchen sehen | |
lassen kann. Allerdings gibt es diese Lohnzuschläge erst zum 1. Januar 2008 | |
- das heißt, die Bahner bekommen den erhöhten Lohn nur 13 Monate lang. Für | |
den Zeitraum von Juli bis Dezember dieses Jahres sollen die rund 134.000 | |
Beschäftigten der Deutschen Bahn AG eine Sonderzahlung in Höhe von 600 Euro | |
kriegen. | |
Bahnchef Hartmut Mehdorn bezeichnete das Ergebnis als akzeptabel. "Das ist | |
der höchste Abschluss seit Kriegsende", so Mehdorn. Und es sei einer der | |
höchsten der laufenden Tarifrunden. Mit dem Abschluss habe die Bahn nun | |
fast zwei Jahre lang Ruhe, zudem habe es in den letzten Jahren nur moderate | |
Abschlüsse gegeben. Jetzt gleiche der Konzern ein Stück der Vergangenheit | |
aus. | |
Auch Transnet-Chef Norbert Hansen begrüßte im Anschluss an die | |
Tarifverhandlungen das Ergebnis. "Es ist nur logisch, dass ein | |
hervorragender Abschluss des Unternehmens auch zu einem hervorragenden für | |
die Belegschaft führt." Die Mitarbeiter bekämen nun real mehr Geld in die | |
Taschen. Zudem werde das Vertrauen der Mitarbeiter in das Unternehmen | |
gestärkt, sagte Hansen mit Blick auf den Umbau der Bahn zu einem weltweit | |
agierenden Logistikkonzern. Die umstrittene Privatisierung, bei der Mehdorn | |
und Hansen an einem Strang ziehen, erwähnte Hansen jedoch nicht. Nur so | |
viel: Die Schiene in Deutschland dürfe künftig nicht vernachlässigt werden. | |
Ungeachtet des Bahn-Abschlusses ruft die Lokführergewerkschaft für Dienstag | |
zu einem dreistündigen Warnstreik auf. "Unser Fahrplan steht", so ein | |
GDL-Sprecher. Neben dem Nah-, Fern- und Güterverkehr sollen von dem | |
Ausstand auch die S-Bahnen in Großstädten wie Berlin, Hamburg, München, | |
Frankfurt und Stuttgart betroffen sein. "Wir werden weitgehend darauf | |
verzichten, den Berufsverkehr zu beeinträchtigen", sagte GDL-Chef Schell. | |
Die GDL, die ihren diesjährige Kalender mit der Parole "Wir sind vorne" | |
bewirbt, fordert einen eigenen Tarifvertrag für das Fahrpersonal, zu dem | |
auch Zugbegleiter und Zugbegleiterinnen zählen. Die GDL verlangt ein | |
Einstiegsgehalt von 2.500 Euro brutto für Lokführer und von 2.180 Euro für | |
Zugbegleiter. Zudem soll die Arbeitszeit um eine Stunde auf 40 | |
Wochenstunden verkürzt werden. | |
"Diese Streiks gegen unsere Kunden verurteilen wir", kritisierte Bahnchef | |
Mehdorn. "Wir wollen keinen Spaltpilz in der Belegschaft." Hätten die | |
Lokführer Erfolg, könnten viele andere Berufsgruppen eigenständige | |
Spartentarifverträge fordern. "Damit wäre unser Unternehmen unführbar." | |
Zudem wäre eine solche Entwicklung ein falsches Signal an die Gesellschaft. | |
Die Forderung nach einer Lohnerhöhung von bis zu 31 Prozent mehr sei | |
ohnehin "außerhalb jeder Reichweite". | |
Auch Transnet-Chef Hansen kritisierte die Lokführergewerkschaft. Da sie | |
mehrere Berufsgruppen - Lokführer, Zugbegleiter, Bordservice-Kräfte - | |
vertrete, könne sie keinen Spartentarifvertrag beanspruchen. Er hoffe aber, | |
dass die GDL sehe: "Wir haben auch für Lokführer ein gutes Ergebnis | |
erzielt." | |
10 Jul 2007 | |
## AUTOREN | |
Richard Rother | |
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