# taz.de -- Kommentar: Mehdorn koppelt Lokführer ab | |
> Kein Extratarif für das fahrende Personal: Die Lokführer streiken weiter | |
> - und spielen damit mit der Sympathie der Fahrgäste. Doch sie tun Recht. | |
Bild: Immer diese Lokführer! Eine Geduldsprobe für Bahnchef Hartmut Mehdorn. | |
Ab heute werden Bahnkunden wieder zuverlässig Fahrkarten kaufen können. | |
Aber sie können nicht wissen, ob der gebuchte Zug sich dann auch in | |
Bewegung setzt. Denn wie die Mehrheit der Bahn-Beschäftigten haben auch die | |
Ticketverkäufer ihren Streik beendet, während sich die Lokomotivführer | |
weiter im Ausstand befinden. | |
Für den Kunden ändert sich durch die Tarifeinigung also erst einmal wenig | |
bis gar nichts. Doch das fahrende Personal, dessen Streik angesichts seiner | |
mehr als dürftigen Löhne vom Publikum bisher mehrheitlich mit Sympathie | |
begleitet worden ist, dürfte in Erklärungsnöte kommen. Denn der gestern | |
erzielte Tarifabschluss hört sich nicht schlecht an: 4,5 Prozent mehr Lohn | |
- das übersteigt deutlich die Inflationsrate und beteiligt die Eisenbahner | |
an den hohen Gewinnen des Unternehmens. Die Kunden werden nachrechnen und | |
feststellen, dass sie bei ihrer letzten Gehaltserhöhung auch nicht mehr | |
erhalten haben. Und entsprechend sauer reagieren, wenn der Zug nicht fährt. | |
Bahnchef Mehdorn belohnt mit diesem Abschluss auch seine traditionellen | |
Gewerkschaften für ihr Wohlverhalten. Sie haben ihn bei der Bahnreform | |
stets unterstützt. Sie lehnen einen Extratarif für das fahrende Personal | |
ab. Sie erhalten das Zuckerbrot. | |
Zugleich setzt Mehdorn mit seiner wiederholten Weigerung, mit den | |
Lokführern überhaupt einen eigenen Vertrag zu schließen, auf Konfrontation. | |
So droht ein Konflikt ums Prinzip. | |
Doch auch wenn sich öffentliche Meinung, Arbeitgeber und | |
Konkurrenzgewerkschaften einig sein mögen: Die Lokführer haben recht. | |
Unterschiedliche Arbeitsbedingungen, Verantwortung und Flexibilität | |
verdienen unterschiedliche Bezahlung. Wer Fahrkarten verkauft, soll | |
selbstverständlich anständig bezahlt werden. Ein nur geringfügig höherer | |
Lohn für Lokführer aber wäre unanständig. Mit Spaltung der | |
Arbeitnehmerschaft hat das rein gar nichts zu tun. Es wäre Aufgabe der | |
großen Gewerkschaftsverbände, bei sehr unterschiedlichen Tätigkeiten auch | |
deutlich entsprechend unterschiedliche Lohnforderungen zu stellen. Tun sie | |
es nicht, dürfen sie sich nicht darüber beschweren, wenn Konkurrenz das | |
Tarifgeschäft belebt. | |
9 Jul 2007 | |
## AUTOREN | |
Klaus Hillenbrand | |
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