# taz.de -- Polen: Willy-Brandt-Zentrum droht das Aus | |
> Das deutsch-polnisches Institut in Breslau soll wegen "schlechter Arbeit" | |
> geschlossen werden. Nach erster Kritik rudert der Breslauer Uni-Rektor | |
> nun zurück. | |
Bild: Historischer Moment: Der Kniefall Willy Brandts in Warschau. | |
Das Willy-Brandt-Zentrum im niederschlesischen Breslau (Wroclaw) steht kurz | |
vor dem Aus. Der Rektor der Breslauer Universität Leszek Pacholski will das | |
deutsch-polnische Forschungsinstitut schließen, da es "zu schlecht" sei. So | |
zumindest begründen er und Prorektor Krzysztof Nawotka erste Kündigungen | |
und die Nichtverlängerung der zehn Wissenschaftlerstellen am Zentrum. Im | |
Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) in Bonn herrscht | |
Fassungslosigkeit. "Wir haben das Forschungsinstitut doch erst vor fünf | |
Jahren gemeinsam gegründet. Die Uni Breslau hat die Ausschreibung für das | |
DAAD-Zentrum gewonnen. Sie hatte das beste Konzept, die besten Leute. Und | |
jetzt das Aus?", fragt Hans Golombek konsterniert. | |
Golombek gehört zu den DAAD-Gründervätern des deutsch-polnischen Instituts. | |
2002 waren die damaligen Regierungschefs Gerhard Schröder und Leszek Miller | |
zur Einweihung nach Breslau gekommen. "Partnerschaft" und "Zusammenarbeit" | |
hatte man sich damals geschworen. Das Institut ist eines von insgesamt 14 | |
DAAD-Zentren weltweit. In Polen gehört es zu den wenigen, die sich | |
überhaupt mit Deutschland- und Europapolitik befassen. Das Zentrum ist | |
fakultätenübergreifend organisiert und damit ein Unikum in Polen. Da der | |
DAAD rund 50 Prozent der Kosten trägt (jährlich rund 250.000 Euro), ist das | |
Institut auch solide finanziert. | |
Wie bei allen DAAD-Instituten wurde nach knapp fünf Jahren eine Überprüfung | |
durchgeführt. Vier Professoren aus Großbritannien, Deutschland und Polen | |
kamen zum Ergebnis, dass die Aufbauphase gut bewältigt wurde, es dem | |
Institut aber noch an Profil fehle. "So sehen fast alle | |
DAAD-Überprüfungsberichte aus", erklärt Golombek. "Wir brauchen Kritik, um | |
die Zentren weiterentwickeln zu können." | |
Die Rektoren der Universität bewerteten das Urteil der Kommission als | |
"vernichtend". Ohne mit dem Universitätssenat Rücksprache zu halten, der | |
die Weiterführung des Zentrums empfahl, oder sich noch einmal mit dem DAAD | |
in Verbindung zu setzen, kündigte Prorektor Nowotka dem | |
Verwaltungspersonal. Die Wissenschaftlerstellen laufen automatisch Ende | |
September aus. "Wir sind bereit, über Reformen zu sprechen", sagt Golombek. | |
"Aber wenn der Rektor allen Mitarbeitern kündigt und keine neuen Stellen | |
für die Wissenschaftler ausschreibt, werden wir die 'Reform' nicht | |
mittragen. Dafür ist uns unser Geld zu schade." | |
Nachdem in der Öffentlichkeit Kritik an der drohenden Schließung des | |
Zentrums laut wurde, machte Rektor Leszek Pacholski einen vorsichtigen | |
Rückzieher: "Ich bin bereit, die Kündigung der Verwaltungsmitarbeiter | |
zurückzuziehen". Jedoch folgten dem keine Taten. "Wie soll das Zentrum ohne | |
Personal weiterfunktionieren?", sagt Krzysztof Ruchniewicz, der | |
Gründungsdirektor des Zentrums. "Ich gehe davon aus, dass wir am 1. Oktober | |
auf der Straße stehen." | |
18 Jul 2007 | |
## AUTOREN | |
Gabriele Lesser | |
Gabriele Lesser | |
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Shoah | |
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