# taz.de -- Bayreuth (2): Dieses Verlangen nach Schlichtheit | |
> Der Medienrummel vor der Premiere - und die vorsichtigen | |
> Interview-Antworten der Katharina Wagner | |
Bild: Castorfs Meistersinger an der Volksbühne: Wird's in Bayreuth ähnlich sc… | |
Es gibt wohl keine zweite 29-jährige Regisseurin, der in den vier Wochen | |
vor einer Premiere so viele Mikros unter die Nase gehalten wurden, wie | |
Katharina Wagner vor den "Meistersingern". Und wenn sie sich noch so sehr | |
müht, in erster Linie über ihr Konzept der Inszenierung zu reden und | |
weniger über die Fragen der Leitung in Bayreuth und die Positionen ihrer | |
Rivalinnen aus der Familie, die Verquickung beider Themen ist nicht mehr | |
wegzudenken. Seit sie gesagt hat, "wenn die Bedingungen stimmen", stehe sie | |
für die Nachfolge zur Verfügung, will man denn wissen, was sie mit den | |
"Bedingungen" meint. "Keine Zeit", sagt sie ins Mikrofon des | |
ZDF-heute-Journals, das sie doch eigentlich nur bei den Proben beobachten | |
soll, und rennt schon wieder weg. "Keine Zeit", auch auf die Frage, ob das | |
Begehren der anderen Wagner-Frauen (Eva Wagner-Pasquier) oder deren Kritik | |
an der Institution Bayreuth (Nike Wagner) sie nicht sehr nervös mache. | |
Andere Gesprächspartner haben da mehr Glück. Wie Christoph Schlingensief, | |
mit dem sie sich in der FR über Kostüme und Bilder ihrer Meistersinger, das | |
Verhältnis zum 58 Jahre älteren Vater, Wohnmobile und Schweinebraten mit | |
Klößen (das Lieblingsessen der Familie) unterhalten hat. Er erfährt dann | |
doch auf die Frage nach dem Kontakt zu den Wagner-Damen: "Weißt du, es ist | |
problematisch, die Damen sind ja nicht zimperlich in ihrer öffentlichen | |
Wortwahl. Ich erwidere nie etwas darauf. Ich würde mich nicht verwehren, | |
wenn sie auf mich zukämen." | |
Hinter dem Interesse an ihrer Person als mögliche zukünftige Leiterin steht | |
die Frage, ob man von den Festspielen in Bayreuth jemals wieder mehr als | |
Skandale und Tratsch im Sommerloch erwarten kann. Es ist Jahrzehnte her, | |
seitdem von hier aus Schübe der Innovation für das Musiktheater ausgingen. | |
Angesprochen auf Reformen in Bayreuth - "da reagiere ich ein bisschen | |
allergisch", sagt sie der Berliner Zeitung -, argumentiert Katharina Wagner | |
sehr vorsichtig und hält die Aura des Ortes und seine Einmaligkeit in der | |
Opernwelt hoch. Sie erwähnt neue Konzepte der Vermarktung, Innovationen des | |
Orchesters, die Einführung eines Opernstudios für junge Künstler (in der | |
FR) als Desiderate, will aber nicht über Öffnung des Repertoires reden. | |
Wofür sie sich aber stark macht, vor allem in einem langen Essay des | |
Klassikmagazins Crescendo und in allen Gesprächen, ist die Verteidigung des | |
Regietheaters gegenüber der Forderung nach Werktreue. "Der Regisseur - als | |
Interpret ist er wie ein Fährmann zwischen einander fremden Ufern, eine Art | |
Charon zwischen den Fronten der Auffassungen () Wenn er ehrlich und | |
aufrichtig arbeitet, scheut er die allzu einfachen Antworten auf scheinbar | |
simple Fragen, obwohl das Verlangen des Publikums eines nach Schlichtheit | |
ist." (Crescendo) In diesem Punkt versucht sie sich als Tochter, die | |
Konflikte mit ihrem Vater nicht scheut und das Publikum nicht fürchtet, zu | |
profilieren. Nicht zuletzt in der Betonung, bei Konflikten zwischen | |
Christoph Schlingensief und Wolfgang Wagner bei der Inszenierung des | |
"Parsifal" vor drei Jahren oft vermittelt zu haben. | |
24 Jul 2007 | |
## AUTOREN | |
Katrin Bettina Müller | |
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