# taz.de -- Kommentar: Bankrott eines Diktators | |
> Billige Energie vom Bruderland, das war lange das Erfolgsrezept | |
> Lukaschenkos. So finanzierte der Weißrusse sein Regime. Nun macht Moskau | |
> Druck - aber nicht zugunsten der Demokratie | |
Bild: Verschafft sich eine Atempause im Gasstreit: Weißrusslands Diktator Alex… | |
Offensichtlich scheint sich in der weißrussischen Hauptstadt Minsk noch | |
immer nicht die Erkenntnis durchgesetzt zu haben, dass mit dem Nachbarn | |
Russland nicht zu spaßen ist. Das könnte sich jetzt ändern. Denn schon | |
droht eine Neuauflage des "Gaskrieges" zwischen den beiden Staaten. So will | |
der Energiekonzern Gazprom den Gashahn in dieser Woche teilweise abdrehen. | |
Doch anders als zu Beginn des Jahres geht es nicht um eine Erhöhung der | |
Preise, sondern um Schulden von 500 Millionen Dollar, die Minsk nicht | |
fristgerecht an Russland zurückgezahlt hat. Gleichzeitig möchte die | |
weißrussische Regierung vom Kreml einen Kredit zur Begleichung genau dieser | |
Außenstände - postsowjetische kreative Buchführung eben. | |
Wieder einmal wird deutlich, wie abhängig das Lukaschenko-Regime von | |
Russland ist. Die mehr symbolischen Energiepreise der vergangenen Jahre | |
waren für Weißrusslands autoritären Staatspräsidenten eine Art | |
Lebensversicherung. Sie ermöglichten es ihm, die Bevölkerung mit | |
Sozialleistungen sowie regelmäßig gezahlten Löhnen und Renten - wenn auch | |
auf niedrigem Niveau - ruhig zu stellen. Doch dieser Kurs ist nicht länger | |
durchzuhalten und der Zeitpunkt, an dem Lukaschenko mit dem Rücken zur Wand | |
steht, absehbar. Die einzige Chance, dieser Falle zu entkommen, wären | |
grundlegende wirtschaftliche Reformen - doch die sind für das Regime | |
problematisch. Die überfällige liberale Öffnung Weißrusslands könnte einen | |
Erosionsprozess in Gang setzen, an dessen Ende auch die Diktatur | |
Lukaschenkos Geschichte wäre. | |
Dieses Szenario wäre durchaus im Interesse Moskaus. Russland hat den | |
aufmüpfigen Lukaschenko bereits abgeschrieben. Zudem besteht auch keine | |
"Gefahr" für einen demokratischen Machtwechsel wie 2004 in der Ukraine. | |
Anstatt sich auf die Zeit nach Lukaschenko einzustellen, zieht es die | |
weißrussische Opposition vor, sich durch interne Grabenkämpfe gegenseitig | |
zu blockieren. So kann sich die russische Regierung zurücklehnen und | |
abwarten. Denn so viel ist schon jetzt klar: Über die Nachfolge | |
Lukaschenkos wird auch in Moskau entschieden. | |
1 Aug 2007 | |
## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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