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# taz.de -- Sanierung des Klimas: 100 Tonnen Eisendünger ins Meer
> Die kalifornische Firma Planktos will die Meere mit Eisen düngen, um die
> Algen zum Wachstum anzuregen. Das soll Treibhausgase binden. Forscher
> warnen vor solchen Experimenten.
Bild: Sieben verkettete Kieselalgen. Vor allem diese Art wächst, wenn man mit …
BERLIN taz | Mit der Umweltverschmutzung lässt sich Geld verdienen. Das ist
auch der kalifornischen Firma Planktos Inc. bekannt. Das Unternehmen mit
Büros in Kanada und Europa setzt auf den Emissionshandel mit dem
Treibhausgas Kohlendioxid (CO2).
Planktos hat unter anderem bereits Vereinbarungen mit der Computer-Firma
Dell und dem Vatikan getroffen, CO2 speichende Wiederaufforstungsprojekte
durchzuführen. Heftig umstritten ist jedoch Planktos Vorhaben, die
Weltmeere mit Eisen zu düngen, um das Algenwachstum anzuregen. Das in der
Biomasse gespeicherte CO2 soll, so Planktos Plan, dann mit dem
abgestorbenen Plankton für ewig auf dem Meeresboden verschwinden.
Trotz der Warnungen von Meeresforschern, dass die Folgen überhaupt nicht
abschätzbar seien, treibt Planktos sein Geschäftmodell emsig voran. Um
erste großflächige Versuche durchzuführen hat Planktos sein
Forschungsschiff "Weatherbird II" in den Pazifik geschickt. Rund 100
Kilometer westlich der Galapagos-Inseln wollen die Planktos-Mitarbeiter auf
einer Fläche größer als Puerto Rico 100 Tonnen Eisendünger ausbringen.
Unmittelbar nachdem die Weatherbird II in See stach, hat die als militant
bekannte Umweltorganisation Sea Shepherd reagiert. Für die Umweltschützer
ist das ganze Vorhaben ein "gefährliches Science fiction-Abenteuer". Die
hundert Millionen Dollar, die in die Eisendüngerversuche gesteckt werden,
wären nach Ansicht von Sea Shepherd viel besser angelegt, wenn man damit
auf den Galapagos-Inseln Solaranlagen zur Energiegewinnung bauen würde.
Um die Eisendüngung im Umfeld der zum UNESO-Welterbe gehörenden
Galapagos-Inseln zu verhindern, hat die Umweltorganisation dort jetzt ihr
Flagschiff "Farley Mowat" positioniert. Proteste gegen die Eisenversuche
kamen auch von der Verwaltung des Galapagos National Parks. Offiziell ist
sie über die Eisendüngungen nicht informiert worden. Sie hat es nur aus der
Zeitung erfahren.
Die Idee, mit Eisen den Anstieg der CO2-Konzentration in der Atmosphäre
aufzuhalten, kam ursprünglich von dem US-Ozeanografen John Martin. Er
stellte Anfang der 1990er Jahre fest, dass in einigen großen Regionen der
Ozeane fast überhaupt kein Plankton zu finden ist - obwohl ausreichend
Nährstoffe vorhanden waren. Weitere Untersuchungen ergaben, dass in diesen
"paradoxen Zonen" der Mikro-Nährstoff Eisen fehlte, ohne dem Plankton nicht
auskommt. Seine Schlussfolgerung damals: "Gebt mir einen halben Tanker mit
Eisen, und ich werde für eine Eiszeit sorgen".
Zwölf Forschungsexpeditionen sind seitdem durchgeführt worden, um die
Eisen-Hypothese zu überprüfen. "Da Eisen sehr schnell rostet und damit von
den Algen nicht aufgenommen werden kann, haben wir Eisensulfid genutzt",
erklärt Professor Ulrich Bathmann vom Alfred Wegner-Institut für Polar- und
Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven. Das AWI hatte 2004 mit seinem
Forschungsschiff "Polarstern" an einem internationalen Eisendünger-Versuch
im Südatlantik teilgenommen. Unter anderem konnte dabei auch nachgewiesen
werden, dass die durch "Eisendüngung erzeugte Algenblüte Kohlendioxid aus
der Atmosphäre in die Tiefsee transportiert".
Doch das Leistungsvermögen dieser künstlich angetriebenen "biologischen
CO2-Pumpe" ist nicht so hoch wie einige Forscher erwartet hatten. Im
Vergleich mit dem natürlich ablaufenden Prozess waren die
Eisendüngerversuche nach Angaben des AWI "10 bis 100 mal weniger
effizient".
Ungeklärt ist weitgehend auch, was auf dem Meeresboden geschieht, wenn dort
die Algen in großen Mengen abgelagert werden. In flachen Meeresregionen
könnte es dort durch Abbauprozesse zum übermäßigen Verbrauch von Sauerstoff
kommen. Nach dem Motto "Kohlendioxid runter, Sauerstoff rauf", so
AWI-Forscher Bathmann, wäre dann ein lebloser Meeresboden das Ergebnis. Und
was in größeren Tiefen geschieht, das "wissen wir nicht", sagt Bathmann:
"Hier ist noch eine ganze Reihe von Experimenten notwendig". Auch seien
überhaupt keine Daten über den Einfluss auf höhere Tiere, Wale etwa,
verfügbar, fügt er noch hinzu.
Für Bathmann ist es daher auch nicht verantwortbar, jetzt schon in eine
großflächige industrielle Eisendüngung der Weltmeere einzusteigen. Um den
jährlichen CO2-Ausstoß zu kompensieren, müsste der gesamte Südozean
komplett mit Eisen gedüngt werden. Es wäre ein Experiment mit noch nicht
einmal in den Grundzügen abschätzbaren Folgen.
"Wir können private Initiativen wie Planktos nicht stoppen", bedauert der
Meersforscher Bathmann. Jedenfalls solange sie nicht direkt in der
Antarktisregion stattfinden. Denn nur in diesem Bereich greift der
Antarktisvertrag, nachdem alle umweltschädlichen Aktivitäten verboten sind.
Auch die Eisendüngerversuche des AWI, konnten erst nach Erstellung einer
Umweltverträglichkeitsprüfung durch das Umweltbundesamt (UBA) genehmigt
werden. Für den weitaus großen Teil der Weltmeere gibt es jedoch keine
verbindlichen Regelungen.
Diese Lücke nutzt das kalifornische Unternehmen Planktos. Der
Galapagos-Versuch ist für Planktos nur der Auftakt einer ganzen Reihe von
Großversuchen. Insgesamt sechs, jeweils vier Monate dauernde
Eisendüngerversuche hat Planktos erst einmal geplant. Sie sollen sowohl im
Pazifik als auch im Atlantik durchgeführt werden. Geplant ist zudem, die
Menge des Eisendüngers von Versuch zu Versuch zu steigern.
13 Aug 2007
## AUTOREN
Wolfgang Löhr
## TAGS
Umweltbundesamt
Galapagos
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