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# taz.de -- Experiment auf hoher See: Umstrittene Meeresdüngung
> Das deutsche Forschungsschiff "Polarstern" soll mit Experimenten das
> Algenwachstum im Meer anregen - für Kritiker eine Bedrohung der
> Artenvielfalt.
Bild: Üblicherweise bricht sich das Forschungsschiff "Polarstern" seinen Weg d…
Die "Polarstern" ist das Interesse der Öffentlichkeit gewohnt - sie ist das
Flaggschiff der deutschen Polarforschung. Die Route des Eisbrechers, der im
Auftrag des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) unterwegs ist, kann im Internet
verfolgt werden, selbst das Signalhorn ist beim virtuellen Rundgang zu
hören. Die aktuelle Expedition der "Polarstern" jedoch hat international
Kritik hervorgerufen - und zum Streit zwischen Umwelt- und
Forschungsministerium geführt.
Denn während ihrer am 7. Januar begonnenen Fahrt von Südafrika nach Chile
wollen die mitreisenden WissenschaftlerInnen das umstrittene
Ozeandüngungsexperiment Lohafex durchführen. Das Wasser des Südpazifiks
soll mit 20 Tonnen Eisensulfat gedüngt und dadurch eine künstliche
Algenblüte erzeugt werden. Ozeandüngung ist wiederholt als Methode
vorgeschlagen worden, die Ozeane zu einer vermehrten Aufnahme von CO2
anzuregen und so den Klimawandel abzumildern.
Zahlreiche WissenschaftlerInnen und UmweltschützerInnen lehnen Ozeandüngung
jedoch vehement ab - sie fürchten unkalkulierbare Auswirkungen auf die
marine Umwelt. Die 9. Vertragsstaatenkonferenz der UN-Konvention über
biologische Vielfalt (CBD), die im Mai 2008 in Bonn stattfand,
verabschiedete ein Moratorium für Ozeandüngung. Insbesondere Umweltminister
Sigmar Gabriel (SPD) als Gastgeber der CBD-Konferenz hatte sich für das
Zustandekommen des Moratoriums eingesetzt. Deutschland hält bis 2010 den
CBD-Vorsitz.
Umso mehr kritisieren Nichtregierungsorganisationen, dass ausgerechnet ein
deutsches Forschungsinstitut nun ein Ozeandüngungsexperiment durchführt.
"Das ist eine klare Missachtung der Konvention über biologische Vielfalt",
erklärt Jim Thomas von der in Kanada ansässigen NGO ETC Group. Zwar erlaube
das Moratorium kleinräumige wissenschaftliche Experimente vor Küsten,
Lohafex jedoch finde auf 300 Quadratkilometern im offenen Ozean statt.
Das AWI weist die Kritik zurück. Man handele in Einklang mit der Konvention
über biologische Vielfalt. Das Experiment finde zwar im offenen Meer statt,
jedoch in einem Gebiet, dessen Zusammensetzung von Organismen küstennahen
Gewässern ähnele. Margarete Pauls, Sprecherin der AWI, sagt: "Lohafex
leistet genau die Grundlagenforschung, die für die kontroverse Diskussion
um Eisendüngung dringend nötig ist." Derweil hat der Streit auch die
deutsche Regierung erreicht: Das Umweltministerium (BMU) hat das
Forschungsministerium aufgefordert, das Experiment unverzüglich zu stoppen.
"Das Projekt des AWI hat international bereits zu Protesten geführt und
untergräbt Deutschlands Glaubwürdigkeit und Vorreiterrolle beim Schutz der
biologischen Vielfalt", so Umweltstaatssekretär Matthias Machnig in einem
Brief ans Forschungsministerium, den Hauptgesellschafter und -geldgeber des
AWI.
Dieses hat daraufhin angekündigt, zwei zusätzliche wissenschaftliche
Gutachten einzuholen. "Wir gehen weiter davon aus, dass die Experimente
unbedenklich sind", so Forschungsstaatssekretär Frieder Meyer-Krahmer. Im
Übrigen habe sich das AWI frühzeitig mit dem Bundesumweltamt abgestimmt.
Aus dem BMU hingegen heißt es, das Bundesumweltamt habe bereits im Dezember
darauf hingewiesen, dass für eine Beurteilung der Experimente noch
Informationen und Risikoabschätzung fehlen würden. Diese habe das AWI
bisher nicht geliefert. Die zusätzlichen Stellungnahmen sollen laut
Forschungsministerium vorliegen, bis die "Polarstern" in einigen Tagen den
Ort des Experiments erreicht.
15 Jan 2009
## AUTOREN
Juliane Schumacher
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