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# taz.de -- Fremdenfeindlichkeit: Die Angst der Touristen vor dem Osten
> Schon vor den Mügeln-Übergriffen wurde in Reiseführern vor Gegenden im
> Osten gewarnt. Die Vermarkter berichten von "vielen Anfragen" zur
> Gefährlichkeit ihrer Region.
Bild: Eine Go-Area: Touristen vor dem Reichstag in Berlin
"Ausländerfeindliche Tendenzen sind vor allem in den Außenbezirken am
östlichen Stadtteil zu beobachten", steht in der deutschen Übersetzung des
"Lonely Planet Berlin", des international bedeutendsten Reiseführers für
Individualreisende. Vor allem Außenbezirke wie Marzahn, Hellersdorf,
Hohenschönhausen und Lichtenberg hätten "einen schlechten Ruf". Und im
englischsprachigen "Lonely Planet Deutschland" heißt es unter der Rubrik
Gefahren: "Skinheads, Glatzen genannt, sind eine mögliche Quelle für
Konflikte, weil sie zu plötzlichen Wutausbrüchen neigen, vor allem gegen
Menschen, die ihnen 'ausländisch aussehend' erscheinen." Als gefährlich
gelten den Machern des Reiseführers aber nicht nur die östlichen Vorstädte
Berlins. "Statistiken sagen, dass die Zahl der Übergriffe in ländlichen
Regionen in Ostdeutschland höher ist", weiß der Londoner Verleger Tom Hall
zu berichten. "Wir empfehlen unseren Lesern erhöhte Achtsamkeit."
Ähnlich sieht es der US-amerikanische "Rough Guide". In seinem
Berlin-Führer heißt es: "Bei Nacht ist es in den Vorstädten, vor allem in
den östlichen Vorstädten Lichtenberg und Marzahn, ratsam, vorsichtig zu
sein. Ethnisch motivierte Angriffe sind in diesen 'Hochburgen' von Neonazis
und Skinheads eine echte Gefahr. Diese Schläger neigen dazu, jeden
anzupöbeln, der auffällt - und zwar nicht nur wegen der Hautfarbe. Einfach
nur 'ausländisch' zu sein oder ungewöhnlich auszusehen reicht als Grund."
Beim Tourismus-Marketing Sachsen ist man sich des anhaltenden Problems
gewalttätiger Übergriffe auf Ausländer durchaus bewusst. Aber der
Handlungsbedarf liege bei der Politik. Selbst das Problem anzusprechen
kommt der Gesellschaft nicht in den Sinn. "Wir sind ein Kulturreiseziel.
Unsere Aufgabe ist es, Sachsen als weltoffen und gastfreundlich
darzustellen", sagt die Pressesprecherin Ines Nebelung. Auf die gFrage, ob
dies eingedenk solcher Ereignissen wie in Mügeln gelinge, antwortet sie:
"Wenn die Leute uns nicht meiden - und das ist nicht der Fall -, dann ist
das auch kein Thema für uns."
Dabei bleibt unklar, wie viele Reisende von vornherein auf den Trip nach
Ostdeutschland verzichten. "Wir haben viele Anfragen von Gästen aus dem
Ausland und von Lehren, die wissen wollen, wie gefährlich es ist, hierher
zu reisen. Wir nehmen diese Anfragen sehr ernst und beantworten sie
individuell", sagt Birgit Freitag von der Tourismus-Marketing Brandenburg
GmbH. Sie versuche, ein differenziertes Bild zu geben, ohne die Gefahr
herunterzuspielen. "Wir sagen, dass man hierher reisen kann. Aber wir
können leider für nichts garantieren." In Sachen Rassismus arbeitet die
Marketinggesellschaft mit der Koordinierungsstelle Tolerantes Brandenburg
zusammen. Bei internen Schulungen ihrer touristischen Partner vor Ort
versuche die Gesellschaft, das Problem Ausländerfeindlichkeit zu
diskutieren. Dabei gehe es auch um die Frage, welches Personal man
einstelle.
Für den touristischen Dachverband Deutsche Zentrale für Tourismus hingegen
ist Ausländerfeindlichkeit kein Thema. "Deutschland hat bei der WM ein
anderes Bild gezeigt", sagt Beate Killian, die Leiterin der
Presseabteilung. "Und wir wollen Deutschland so zeigen, wie es zu 90
Prozent ist."
23 Aug 2007
## AUTOREN
Edith Kresta
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