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# taz.de -- Döner-Kommentar: Fleischabfall für alle
> Wer heute noch einen Döner genießen kann, demonstriert schon ein hohes
> Maß an Selbstverachtung. An die Mär von den Schwarzen Schafen kann man
> längst nicht mehr glauben.
Bild: Misslungene Geste: Bundespräsident Steinmeier in Istanbul
Selbsthass, Risikobereitschaft und Gottvertrauen - das sind die
Eigenschaften, die aufbringen muss, wer heute noch einen Döner konsumiert.
Zu lang ist die Geschichte der Skandale, zu groß die Menge an verarbeitetem
Gammelfleisch, als dass man noch an die Mär von einzelnen schwarzen Schafen
glauben darf. Die Selbstkontrolle einer Branche, die Milliardenumsätze
macht, ist gescheitert.
Weder den Lebensmittelkontrolleuren noch dem Verband der Dönerhersteller
ist die Domestizierung eines Wirtschaftszweigs gelungen, der einst für
zigtausend arbeitslose Migranten zum ökonomischen Rettungsanker wurde.
Kinderarbeit, sklavenähnliche Beschäftigungsverhältnisse von illegalen
Arbeitskräften, skandalöse hygienische Bedingungen in heruntergekommenen
Imbissbuden - auch ohne Fleischabfälle reicht die Liste der Skandale aus,
den Appetit zu verderben.
In den Neunzigerjahren lief die Dönerindustrie der Currywurst und vor allem
Bulettenbratereien wie McDonalds und Burger King den Rang ab. Doch das ist
Geschichte. Denn die Lage an der Fastfood-Front zeigt: Internationale
Konzerne, die um den Gegenwert eines guten Rufes wissen, können mehr. Hier
herrschen bei den Arbeitsbedingungen zumindest die gewerkschaftlichen
Mindeststandards, und es gibt Qualitätskontrollen bei der Produktion und
der Verarbeitung des Fleisches, die selbst die Stiftung Warentest
überzeugen.
Hoffnung auf Besserung beim Döner ist nicht in Sicht, denn er ist heute
Teil der Armutsökonomie. In Berlin und Brandenburg wurden Döner mit dem
Hundefutter aus Bayern vor allem in jenen Straßen und Regionen verkauft, in
denen die Ärmsten der Armen wohnen. So lange Billigdöner zum
Schnäppchenpreis verkauft werden, muss mit weiteren Ekelgeschichten
gerechnet werden.
Dem Dönerliebhaber bleibt deshalb nur eines zu tun: sich an den Dealer
seines Vertrauens zu halten - und den Rest mit Misstrauen zu strafen.
Vom Autor Eberhard Seidel stammt das Buch "Aufgespießt!", das Standardwerk
zur Geschichte des Dönerkebabs in Deutschland
8 Sep 2007
## AUTOREN
Eberhard Seidel
Eberhard Seidel
## TAGS
Döner
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