| # taz.de -- Afghanistan-Einsatz: Gysi macht den Buhmann | |
| > Die Fronten zwischen den Fraktionen waren schon vor der | |
| > Bundestags-Debatte klar. Doch überraschend schießt Linken-Chef Gysi die | |
| > Grünen frei. | |
| Bild: Wettert und schmettert gegen die Regierung: Linke-Chef Gysi. | |
| Nachdem der UN-Sicherheitsrat das Mandat für die Afghanistan-Truppe Isaf | |
| verlängert hat, scheint auch der Weg der Truppen durch den Bundestag | |
| gesichert. Abstimmen werden die Abgeordneten zwar erst am 12. Oktober, aber | |
| am Donnerstag stritten Befürworter (SPD, Union, FDP) mächtig mit den | |
| Gegnern (Grüne, Die Linke) über den Einsatz. Ein Blick in die Reihen der | |
| Grünen genügte, um zu ahnen, was die Partei eigentlich erwartet hatte. In | |
| nahezu voller Stärke war die Fraktion angetreten, um sich gegen das | |
| drohende Parlamentsgewitter zu schützen. | |
| Die Grünen konnten sich bei Gregor Gysi bedanken, dass alles anders kam. | |
| Der Fraktionschef der Linken übernahm den Part des Buhmanns und sorgte so | |
| dafür, dass sich am Ende niemand mehr über die Grünen beschweren wollte. | |
| Sechs Jahre nach dem Einmarsch ginge nur jedes fünfte Mädchen in die | |
| Schule, sagte Gysi und versuchte damit das immer wieder bemühte Argument | |
| abzuwehren, dass der Krieg doch wenigstens die weiblichen Bildungschancen | |
| erhöht habe. "Das ist eine Schande!", schmetterte Gysi in das Parlament. | |
| Die Regierung habe sich von Beginn an "der US-Strategie unterworfen" und | |
| damit "keine Befreiung, sondern eine Besatzung" gefördert, sagte der Linke. | |
| Das Menschenrechtsargument, mit dem Verteidigungsminister Franz Josef Jung | |
| (CDU) zuvor die Notwendigkeit eines Bundeswehrverbleibs untermauert hatte, | |
| sei doch in Wahrheit nichts als Augenwischerei: "Selbst die USA müssten sie | |
| ja dann angreifen, wegen Guantánamo", polterte Gysi in Richtung | |
| Regierungsbank. Die Linke werde geschlossen die anstehende Verlängerung von | |
| Isaf und Tornados ablehnen. | |
| Bei derart hochkonzentrierter Regierungsunfähigkeit wunderte es nicht, dass | |
| Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn anschließend in die Offensive ging, statt | |
| sich aufgrund des innerparteilichen Dilemmas zu verteidigen. "Billig, | |
| nichts als billig", rief er unter dem Beifall von Union, SPD und FDP der | |
| Linken zu. Dann knöpfte er sich die FDP vor, die vorher gegen seine Partei | |
| gestichelt hatte. Es sei keine "Verantwortungsverweigerung", dass der grüne | |
| Parteitag der Fraktion wegen der Tornado-Komponente empfohlen hatte, dem | |
| gekoppelten Mandat die Zustimmung zu verweigern. Die Grünen stehen | |
| geschlossen zu Isaf, sagte Kuhn. Aber sie drängen auf eine | |
| Strategieänderung der Bundesregierung, eine höhere Aufstockung der Ausgaben | |
| für den zivilen Aufbau als vorgesehen und ein stärkeres Engagement bei der | |
| Polizeiausbildung. | |
| Der Linken empfahl Kuhn, auch mal Verbesserungsvorschläge zu machen, statt | |
| immer nur "Nein!" zu brüllen. Gysi ergriff darauf das Mikrofon und | |
| plädierte "für die Selbstbefreiung der Völker". Spätestens da waren nicht | |
| mehr die Grünen in Erklärungsnot, sondern die Linken. | |
| Linke Komplettverweigerung hin, grüne Zweifler her - eine Mehrheit für die | |
| Mandatsabstimmung am 12. Oktober scheint außer Frage. Außenminister | |
| Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Jung plädierten zu Beginn der Debatte | |
| noch einmal für eine Fortsetzung des Bundeswehreinsatzes. "Wer heute den | |
| Abzug fordert, setzt alles aufs Spiel, was wir in den letzten sechs Jahren | |
| dort aufgebaut haben", sagte Steinmeier. | |
| 21 Sep 2007 | |
| ## AUTOREN | |
| Veit Medick | |
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