# taz.de -- Grüne: Kein Frieden an der Basis | |
> Die Bündnisgrünen sind sich uneins darüber, wie sie mit Abgeordneten | |
> umgehen wollen, die den Parteitagsbeschluss zum Afghanistan-Einsatz | |
> ignorieren. | |
Bild: Kündigten an, gegen den Parteitagsbeschluss stimmen zu wollen: Ex-Frakti… | |
Die grünen Landesverbände sind zerrissen. Soll man Bundestagsabgeordnete | |
tatsächlich abstrafen, falls sie sich nicht an den Parteitagsbeschluss vom | |
Wochenende halten - und trotzdem für den Tornado- und Isaf-Einsatz in | |
Afghanistan stimmen? Julia Seeliger, Mitglied im Parteirat, hat es schon | |
vorgeschlagen: Wer anders als die Basis entscheide, soll bei der nächsten | |
Bundestagswahl "nicht mehr aufgestellt" werden. | |
Diverse grüne Abgeordnete hatten am Montag angekündigt, dass sie für den | |
Einsatz in Afghanistan stimmen wollen. Sie berufen sich auf ihre | |
Gewissensfreiheit als Abgeordnete. Dazu gehörten Krista Sager, Uschi Eid, | |
Thea Dückert, Katrin Göring-Eckardt oder Undine Kurth. | |
Im Landesverband Nordrhein-Westfalen hat man wenig Verständnis für die | |
Abweichler. "Diese vorschnelle Festlegung halte ich nicht für hilfreich", | |
sagt Sylvia Löhrmann. Die Fraktionsvorsitzende in Düsseldorf erwartet, dass | |
die Bundestagsabgeordneten den Parteitagsbeschluss "sehr ernst nehmen". | |
Allerdings sei jetzt nicht der Zeitpunkt, um "Drohungen oder Garantien | |
abzugeben", wer in zwei Jahren für den Bundestag aufgestellt wird. Ähnlich | |
diplomatisch äußert sich auch die grüne Landesvorsitzende in | |
Nordrhein-Westfalen: Der Parteitagsbeschluss sei "ein Warnschuss, den die | |
Bundestagsfraktion nicht ignorieren sollte", meint Daniela Schneckenburger. | |
Ein bloßes "Weiter so!" dürfe es nicht geben, sagt auch die | |
NRW-Landtagsabgeordnete Andrea Asch. | |
Thea Dückert stammt aus Niedersachsen, und dort ist man ebenfalls nicht | |
glücklich, dass sie dem Einsatz in Afghanistan zustimmen will. "Es gäbe | |
doch die Möglichkeit, sich zu enthalten", rät Dorothea Steiner. Die grüne | |
Landesvorsitzende hält von Drohungen nichts - aber es sei zu erwarten, dass | |
die Delegierten die Tornado-Abstimmung "nicht vergessen" würden. | |
Entspannter geht es bei den Grünen in Hamburg zu, die von Krista Sager und | |
Anja Hajduk im Bundestag vertreten werden. Bei einem Ja zu Afghanistan | |
werde es "keine Probleme geben", prophezeit Jens Kerstan, stellvertretender | |
Vorsitzender der Hamburger Grünen. "1999 wird sich nicht wiederholen." Aus | |
Protest gegen den Nato-Einsatz im Kosovo hatten sich 5 von 21 Abgeordneten | |
in der Bürgerschaft abgespalten und gingen als "Regenbogen" in die | |
Opposition zum damaligen rot-grünen Senat. Heute jedoch, sagt Kerstan, | |
"gibt es unterschiedliche Ansichten, aber keinen Zwist". Auch im | |
parteiinternen Intranet sei "zum Thema Afghanistan nichts los". So kann | |
Anja Hajduk ohne Druck von der Basis "den Debattenprozess in der | |
Bundestagsfraktion abwarten." | |
Für das Saarland ist Martin Dauber zum Sonderparteitag in Göttingen | |
gereist. Der Fraktionsvorsitzende im Stadtparlament von Blieskastel will | |
den Bundestagsabgeordneten keine Ratschläge erteilen, meint aber, dass die | |
grüne Fraktion den Parteitagsbeschluss widerspiegeln müsse - "und zwar mit | |
der gleichen Zerrissenheit wie auf dem Parteitag!" Dauber fände es daher | |
nur konsequent, wenn einige Abgeordnete mit Ja stimmen würden. | |
Der Protest der Basis sei "kein enorm vitales Aufbegehren", konstatiert der | |
Göttinger Parteienforscher Franz Walter. "Eher ein Gegenzucken." Dennoch | |
rät er den Bundestagsabgeordneten davon ab, den Parteitagsbeschluss zu | |
ignorieren. "Es gehört zur elementaren Gründungsidentität der Grünen, dass | |
sie bei der Willensbildung anders vorgehen als die etablierten Parteien." | |
Zudem würde sogar die CDU ihre Parteitage nicht mehr steuern und hätte in | |
Dresden eine breite Diskussion über den Sozialstaat zugelassen. Das war | |
durchaus Kalkül: "Eine Partei, die Lebendigkeit ausstrahlt, kommt in der | |
Apathie der Alltagsstimmung besser an." | |
19 Sep 2007 | |
## AUTOREN | |
P. Beucker | |
U. Herrmann | |
K.-P. Klingelschmitt | |
S.-M. Veit | |
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