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# taz.de -- Datenschutz: Autofahndung vor Verfassungsgericht
> In einigen Bundesländern werden Nummernschilder von Autos an bestimmten
> Straßen automatisch fotografiert, um gestohlene Wagen zu ermitteln.
> Datenschützer klagten dagegen.
Bild: Die Kfz-Kennzeichen werden mit einer Infrarotkamera abgefilmt.
Datenschützer klagen gegen den automatisierten Abgleich von
Nummernschildern in Hessen und Schleswig-Holstein. Sie sehen darin eine
"lageunabhängige Massenüberwachung der Bevölkerung". Des Verfassungsgericht
nimmt die Klagen sehr ernst und hat überraschend schnell, schon für den 20.
November, eine mündliche Verhandlung angesetzt.
In Hessen wurde das automatische Kennzeichenlesesystem im Januar
eingeführt, in Schleswig-Holstein im August. An bestimmten Straßen werden
seither alle Kfz-Kennzeichen mit einer Infrarotkamera abgefilmt. Per
Software wird dann das Kennzeichen "gelesen" und mit dem Fahndungsbestand
abgeglichen. So will die Polizei gestohlene Fahrzeuge und Kfz-Kennzeichen
aufspüren. Bei Personen, die zur Beobachtung ausgeschrieben sind, können
außerdem Bewegungsbilder erstellt werden. Ähnliche Vorschriften gibt es
inzwischen auch in zahlreichen anderen Bundesländern von Bayern bis
Mecklenburg-Vorpommern. Die jeweiligen Innenminister halten die Maßnahme
für zulässig, weil die Fotos der Kennzeichen, nach denen nicht gefahndet
wird, sofort wieder gelöscht werden.
Gegen die beiden Landesgesetze haben zwei Datenschützer geklagt, die sich
als Autofahrer für individuell betroffen halten. Einer von ihnen ist Roland
Schäfer aus dem Bundesvorstand der Deutschen Vereinigung für Datenschutz.
Für die Kläger ist der Kennzeichenabgleich der "Präzedenzfall für eine
allgemeine vorsorgliche Überwachung der Bevölkerung". Weil zunächst jeder
Autofahrer erfasst wird, sei der Eingriff ins Grundrecht auf
informationelle Selbstbestimmung "unverhältnismäßig". Eine
Kennzeichenkontrolle sei vielleicht bei einem drohenden Anschlag möglich,
argumentieren die Kläger, aber nicht täglich "ins Blaue hinein".
Gerade bei "regierungskritischen Personen" könnte die Angst entstehen, dass
jede Fahrt im eigenen Wagen künftig registriert wird. Wer befürchten muss,
dass die Fahrt zu einer Demonstration gespeichert wird, wird vielleicht
darauf verzichten, heißt es in der Klage gegen das Kieler Gesetz.
Außerdem müsse verhindert werden, dass eine Infrastruktur aufgebaut wird,
mit der eines Tages die Bewegungen der ganzen Bevölkerung überwacht und
gespeichert werden können. Thematisiert wird zudem die Gefahr von
Falschverdächtigungen, da die Software jedes zehnte Nummernschild
fehlerhaft erkenne.
Den Nutzen der Maßnahme stufen die Datenschützer dagegen relativ niedrig
ein. Sie verweisen dabei auf einen halbjährigen Modellversuch in Bayern,
der nur zur Sicherstellung von vier Kraftfahrzeugen geführt hat. Generell
ist die Maßnahme nach Auffassung der Kläger nicht zur Verhütung schwerer
Straftaten geeignet, weil professionelle Kriminelle einfach ein frisch
gestohlenes Auto oder ein gefälschtes Nummernschild benutzen und so beim
automatischen Kennzeichen-Abgleich gar nicht auffallen.
Nur "hilfsweise", aber durchaus Erfolg versprechend machen die Kläger auch
geltend, dass ausschließlich der Bund einen Kennzeichenabgleich regeln
dürfe, weil die Fahndung nach Straftätern eben Bundessache sei. Die
Ländergesetze wären dann schon mangels Kompetenz hinfällig.
29 Sep 2007
## AUTOREN
Christian Rath
Christian Rath
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
Datenschutz
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