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# taz.de -- Kommentar Buchmesse: Die Entdeckung der Leserschaft
> In den letzen Jahren wurden viele Überraschungsbücher zu Bestsellern. Das
> liegt an einer gelegentlich übersehenen Größe - den Lesern.
Bild: Zwei Mäzeninnen der Kreativindustrie Buch.
Ein Buch, das von so vielen Menschen gelesen wird, kann doch gar nicht gut
sein - so lautet ein verbreiteter Vorbehalt gegen Bestseller. Sogar sich
selbst ertappt man gelegentlich bei diesem Gedanken! Doch große
literarische Erfolge werden immer unberechenbarer. Das lässt sich an den
Millionensellern der jüngsten Zeit gut belegen.
Erst kam "Der Schwarm" von Frank Schätzing. Nun gut, ein Thriller, dachten
noch alle: Für so etwas finden sich schon mal eine Million Leser. Dann kam
Daniel Kehlmanns "Die Vermessung der Welt". Kein Thriller, aber alle
Insider dachten: ein Rowohlt-Buch. Ein großer Verlag kann auch so einen
ausgefallenen Roman eben mit aller Macht in den Markt drücken. Doch nun
haben wir "Kalteis" und "Tannöd" von Andrea M. Schenkel, die in einem
ausgesprochenen Kleinverlag erschienen sind. Die Betreiber der Edition
Nautilus haben immer noch Mühe, ihr Glück zu fassen. Auch sonst wurden alle
Erklärungsversuche eingestellt.
In diesen freak sells, wie diese Mega-Erfolge in Anlehnung an die freak
waves der Ozeane genannt werden, meldet sich eine Instanz kraftvoll als
Akteur zu Wort, die im Literaturbetrieb gelegentlich übersehen wird: die
Leserschaft. Immer noch finden sich Literaturkritiker, die sich als
Mitglieder eines exklusiven Clubs verstehen. Die Leserschaft erscheint
ihnen als Publikum, das passiv ihrem Treiben in Literaturbeilagen und
Buchsendungen im Fernsehen folgt. Dabei ist ohne aktive Beteiligung der
Leserinnen und Leser keiner der jüngsten Erfolge zu erklären: Hier wirkte
Mund-zu-Mund-Propaganda.
Die These, dass die Kulturtechnik des Lesens verschwinde, hört man oft. In
der Realität finden sich dafür aber eher Gegenbelege. 200.000 Menschen sind
bereit, den Gewinnerroman des Deutschen Buchpreis im Hardcover zu kaufen.
300.000 Menschen werden auf der Frankfurter Buchmesse erwartet. Selbst die
jüngsten Versuche, mit Stefan George einen literarischen Hohepriester nur
für Eingeweihte zu propagieren, werden nicht fruchten; auch die aktuelle
George-Biografie ist auf dem Weg zum Bestseller.
Auf Unberechenbarkeit kann man mit Abwehr oder mit Neugier reagieren.
Neugier ist doch gar nicht schlecht. Auch fürs Lesen.
8 Oct 2007
## AUTOREN
Dirk Knipphals
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