# taz.de -- Animierte Sissi-Parodie: Sehr witzig, Herr Herbig! | |
> Bully Herbig weiß, wie idiotensicherer Humor funktioniert. Das macht ihn | |
> zum Haareraufen erfolgreich. Jetzt läuft sein neuer Film "Lissi und der | |
> wilde Kaiser". | |
Bild: Kaiserin Lissi (li.) - wird im Film gesprochen von Bully Herbig. Hihi. | |
Zahlen wie Handgranaten: knapp 12 Millionen ZuschauerInnen. Über 62 | |
Millionen Euro Umsatz an der Kinokasse. Fast 20 Auszeichnungen, darunter | |
der Bayerische und der Deutsche Filmpreis, der Deutsche Comedypreis und der | |
Bambi. Und alles hat sich ein Küken ausgedacht, das noch nicht mal 40 ist: | |
Michael Bully Herbig, geboren 1968 in München, medioker groß, medioker | |
auffällig, zum Haareraufen erfolgreich und anscheinend idiotensicher, was | |
Humor betrifft, landete 2001 mit dem "Schuh des Manitu" DEN Erfolgsfilm | |
seit der Erfassung der Zuschauerzahlen, der nur und ausgerechnet von "Otto | |
- Der Film" (1985) übertroffen wurde. Bullys zweites Werk "(T)Raumschiff | |
Surprise" konnte 2004 fast genauso viel Spaßvögel in die Kinos locken, und | |
die sollen jetzt möglichst alle in "den neuen Bully" gehen, der am | |
Donnerstag anlief: "Lissi und der wilde Kaiser". | |
"Ich habs ja auch nicht erwartet", sagt Regisseur, Drehbuchautor und | |
Produzent Bully Herbig dazu beim Gespräch in einem Berliner Hotel, unter | |
Blumendeko und Grillenzirpen aus der Konserve, das eine beruhigende Wirkung | |
auf die Berlintouristen haben soll. "Ich mach die Filme so, dass sie mir | |
gefallen. Ich denk mir keine Gags aus und überlege, wer darüber lachen | |
könnte, sondern wenn ich mich amüsiere, hoffe ich, dass andere das auch | |
können. Mit Insidergags grenzt du andere aus." Schlicht, aber effektiv: | |
Bullys Witze grenzen niemanden aus und treffen den allergrößten gemeinsamen | |
Nenner. Und werfen ein gruseliges Bild auf den deutschen | |
Durchschnittslacher. | |
Denn Humor à la Bully Herbig, das weiß man aus seiner bis 2002 auf Pro 7 | |
ausgestrahlten Comedyshow "Bullyparade", aus deren regelmäßigen und | |
teilweise fabelhaften Sketchreihen quasi eins zu eins seine bisherigen | |
Spielfilme entstanden, hat meist vor allem drei Grundsätze: 1. Witz muss | |
eine Parodie eines erfolgreichen Films/Themas/Serienformats aus den | |
muffigen 50ern oder 60ern sein, das viele der Bully-ZuschauerInnen "von | |
früher" kennen, sodass sich zum Lachen ein diffuses, wehmütiges "Weißt du | |
noch, wie blöd das alles war?"-Wir-Gefühl gesellen kann. 2. Witz muss mit | |
Dialekt arbeiten - ein "Servus" am richtigen Ort ist immer ein paar Lacher | |
wert, darunter fallen auch sämtliche ausländischen Akzente. Und 3. Witz | |
muss irgendwo eine Schwulendarstellung beinhalten, die - vordergründig | |
harmlos und extra politisch a bisserl unkorrekt - mit den bekanntesten | |
Vorurteilen "tuntige Sprache", Sexualfixierung und Eitelkeit spielt. Im | |
"Schuh des Manitu" hat der an Winnetou angelegte Charakter Apahachi einen | |
schwulen Bruder namens "Winnetouch", der einen Schönheitssalon führt, am | |
liebsten Rosa trägt und in Teekännchenhaltung auf dem Pferdchen sitzt, in | |
"(T)Raumschiff Surprise" sind die drei Hauptdarsteller schwul und | |
dementsprechend ulkig in ihren eigentlich typischen Männer-Heldenrollen. | |
Im neuen Bully-Herbig-Film spricht Bully gleich selber eine Frau: "Lissi | |
und der wilde Kaiser" ist ein Animationsfilm, der auf Sissi-Parodien aus | |
der "Bullyparade" fußt und in dem Herbigs Protagonistin Lissi zwar an sich | |
mit Kaisergatten Franzl glücklich ist, jedoch von einem Yeti (ebenfalls ein | |
Charakter aus der Fernsehsendung) entführt wird und nebenbei ein paar | |
trotteligen k. u. k. Herrschaften kräftig in den Hintern treten muss. | |
Gelungener Gag reiht sich an müden Gag, es wird wie am Schnürchen gebayert, | |
geschmäht und geslapstickt, und die Frage, wieso Lissi und ihre FreundInnen | |
unbedingt vom Rechner generiert sein müssen, ist auch am Ende der kurzen 85 | |
Minuten nicht beantwortet worden: Bis auf den Yeti (und der wäre als | |
Schauspieler mit der entsprechenden Maske bestimmt ganz zauberhaft) ist das | |
Ganze eigentlich nur eine computeranimierte Kostümfilmklamotte, die in | |
Humor und Idee bei "Shrek" und anderen Größen des Genres gespickt hat. | |
Im Interview muss man Bully Herbig diese Frage gar nicht stellen, er kommt | |
selber drauf und rechtfertigt sich damit, dass es "nicht funktionieren | |
kann, 90 Minuten lang Frauenklamotten zu tragen", und mit seiner Scheu vor | |
einer Liebesszene mit Christian Tramitz, neben Rick Kavanian einem der | |
beiden festen Bully-Team-Mitglieder. Vielleicht hatte er auch Muffe vor dem | |
Schritt in die echte Drag-Klamotte - Männer in Frauenkleidern haben | |
schließlich einen gewissen Ruf, den ein heterosexueller Münchner fürchten | |
könnte. | |
Herbig trägt Jeans und Turnschuhe, ein weißes, Ton in Ton bedrucktes | |
T-Shirt, seinen Ehering und einen breiten Silberring mit einem ungewöhnlich | |
auffälligen, runden Symbol - geheime Burschenschaft? Freimaurer? Eso-Sonne? | |
Iwo. Die Geldmaschine Bully, dessen Lächeln bei jeder Antwort kurz erblüht, | |
ihm am Ende des Satzes aber wieder aus dem Gesicht fällt wie ein | |
abgestorbenes Barthaar, ist die Verkörperung des harmlosen | |
50er-Jahre-Witzbolds. Genauso ist sein Humor: Bananenschalenniveau. "Wissen | |
Sie, wann ich mich wirklich wegschmeiße? Ich gehe mit einem Kumpel auf der | |
Straße entlang, und er knallt gegen eine Laterne. Weil gegenüber gerade | |
zwei Mädchen vorbeilaufen." Harhar. Selbst hinter seinem Spitznamen scheint | |
nichts als fröhliche Durchschnittsinnovation zu stecken: Er habe als | |
Bayern-München-Fan früher oft ein T-Shirt des damaligen Sponsors | |
Magirus-Deutz mit "Die Bullen kommen" drauf getragen, lässt Herbig als | |
eines der wenigen, rührend unaufregenden Details aus seiner Vergangenheit | |
in sämtlichen Artikeln über ihn kolportieren. Und dass er Witze macht, weil | |
er "die Leute unterhalten möchte", logisch. "Ich mag es, wenn Leute Spaß | |
haben", sagt er recht eindringlich mit diesem merkwürdigen, kurzen Lächeln, | |
als ob er da gerade nicht eine Plattitüde, sondern ein Bonmot ins Rennen | |
geworfen hätte, und erzählt davon, dass er schon als Kind aus | |
Entertainmentgründen Geisterbahnen aus Pappkartons gebaut habe. Dann wieder | |
eine Antwort, nach der keiner gefragt hat, die es aber schon auf das Vanity | |
Fair-Cover schaffte und damit ruhig ein paar Wiederholungen verdient: "Ich | |
finde es sexy, wenn Frauen lachen." Wenn sie lachen, oder wenn sie Witze | |
machen? "Nein, wenn sie lachen." Spießer. | |
Die Sissi-Verfilmungen mit Romy Schneider aus den 50er-Jahren erzielten | |
laut amtlichen Schätzungen übrigens Zuschauerzahlen zwischen 20 und 25 | |
Millionen, und da gab es nicht an jeder Provinzstraßenecke ein Multiplex | |
und man konnte vorher nicht monatelang Making-Ofs auf seinem Haussender | |
senden und sich so quasi ins gemachte Bett legen. Aber, das muss man | |
zugeben, lustiger waren die Sissi-Filme wirklich nicht. | |
25 Oct 2007 | |
## AUTOREN | |
Jenni Zylka | |
Jenni Zylka | |
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Kolumne Unisex | |
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