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# taz.de -- SPD-Wohlfühlparteitag: Jetzt wieder links
> Mit dem neuen Grundsatzprogramm grenzt sich die SPD deutlich von der
> Union ab. Die Delegierten feiern Vizekanzler Müntefering, der seinen
> Zwist mit Parteichef Beck verschweigt.
Bild: Die Führungsriege der Partei inszenierte ihre Geschlossenheit sorgfälti…
HAMBURG taz Die SPD hat auf ihrem Parteitag in Hamburg ein neues
Grundsatzprogramm beschlossen, in dem sie für mehr Chancengerechtigkeit und
Solidarität in der Gesellschaft eintritt. Damit rücken die Sozialdemokraten
programmatisch wieder nach links und grenzten sich deutlich von der Union
ab.
Die rund 500 Delegierten beschlossen am Sonntag bei zwei Gegenstimmen das
sogenannte Hamburger Programm. Es löst das Berliner Manifest von 1989 ab
und nennt als ausdrückliches Ziel mehrfach den in der SPD umstrittenen
Begriff des "demokratischen Sozialismus".
SPD-Chef Kurt Beck sagte, der Begriff sei ganz bewusst in das Programm
aufgenommen worden - und zwar "nicht nur als geschichtliche Reminiszenz",
sondern als wichtiger Teil der inhaltlichen Arbeit. Die Partei bekennt sich
in ihrem Grundsatzprogramm zum "vorsorgenden Sozialstaat", betont aber
dessen "nachsorgende" Seite mit verbürgten Sozialleistungen und
Rechtsansprüchen. Wer den Sozialdemokraten einen Widerspruch zwischen
Gerechtigkeit und Freiheit unterstelle, sei entweder ahnungslos oder
böswillig, sagte Beck. Die SPD habe im Übrigen "in ihrer Geschichte nichts
zurückzunehmen". "Wir müssen keine Brüche vollziehen oder erklären", sagte
Beck unter Anspielung auf die Diskussion über die Reform-Agenda 2010. Eine
Voraussetzung, so Beck, für eine gerechte Gesellschaft sei, "dass wir heute
die Bildungschancen so organisieren, so verteilen, dass alle nach ihren
Fähigkeiten und ihren Möglichkeiten daran teilhaben können".
Der Beschluss zum Hamburger Programm war der Höhepunkt eines Parteitags,
der ganz von der Suche nach einem sozialen Profil bestimmt war. Darin war
sich die SPD ungewohnt einig. Die dreitägige Veranstaltung verlief daher
weitgehend harmonisch. Der schwelende Streit über die Agenda 2010 flammte
an keiner Stelle auf. Die im Vorfeld so heftig diskutierte Verlängerung des
Arbeitslosengelds I für Ältere wurde am Freitagabend mit großer Mehrheit
beschlossen - ohne vorher darüber noch einmal zu debattieren.
Selbstbewusstsein demonstrierte die Partei gegenüber ihrer Führung bei der
Bahn-Reform und einer Reihe von Beschlüssen zur Ökologie.
Es war ein Wohlfühlparteitag. Am deutlichsten wurde das am Samstag, als
Vizekanzler Franz Müntefering für seine Rede über Arbeitsmarkt- und
Sozialpolitik frenetisch gefeiert wurde. Der Arbeitsminister forderte
Mindestlöhne und starke Arbeitnehmerrechte. Mit keinem einzigen Wort
erwähnte Müntefering den Streit über das Arbeitslosengeld I, bei dem er
Parteichef Beck unterlegen war. Aber er machte deutlich, dass er weiter für
seine Politik kämpfen werde. "Ich bin noch nicht ausgetrocknet", sagte er
unter dem Jubel der Delegierten. Müntefering setzte damit den emotionalen
Höhepunkt.
Gleichzeitig wurde in Hamburg deutlich, dass der Ton in der großen
Koalition rauer werden wird. Selbst die sonst so loyalen Minister Franz
Müntefering und Frank-Walter Steinmeier griffen in ihren Reden die
Bundeskanzlerin an. Außenminister Steinmeier erinnerte daran, dass Angela
Merkel als Oppositionsführerin vor dem Irakkrieg den damaligen Kanzler
Gerhard Schröder für dessen Nein attackiert hatte. Gleichzeitig machte
Steinmeier seinem lange angestauten Ärger über Merkels Außenpolitik Luft.
Menschenrechtspolitik sei keine "Schaufensterpolitik", sagte er. Eine
wirklich gute Politik brauche nicht "die Selbstbeweihräucherung einer
moralischen Großmacht Deutschland".
Der Parteitag machte deutlich, dass die SPD die Union mit Blick auf die
Bundestagswahl 2009 in einen Richtungskampf ziehen will. Parteichef Beck
warf der Union vor, nur so sozial zu tun. Das Herzstück ihrer Politik sei
in Wahrheit immer noch der "Marktradikalismus".
29 Oct 2007
## AUTOREN
Jens König
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