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# taz.de -- Ethnisch sortierte Wohnblocks: "Das erschwert die Bürgergesellscha…
> Die Erfahrungen zeigen, dass es einfach schwieriger ist, wenn die Milieus
> unter sich bleiben. Der Stuttgarter Integrationsbeauftragte Gari Pavkovic
> über die Probleme kultureller oder sozialer Konzentration.
Bild: Wir haben jetzt schon eine soziale Trennung in den Wohngebieten.
taz: Herr Pavkovic, glauben Sie noch an sozial und ethnisch gemischte
Wohnquartiere?
Gari Pavkovic: Ja, weil das immer noch integrationspolitisches Ziel ist.
Ziel? Wie ist es in der Wirklichkeit?
Wir haben in der Realität eine einkommensbedingte räumliche Segregation.
Die Reichen wohnen unter sich und die anderen wohnen unter sich. Bei den
anderen sind überdurchschnittlich viele Migranten, allerdings verschiedener
Nationalitäten.
Das heißt, es gibt bisher keine Wohnblocks, in denen nur
Einwandererfamilien aus der Türkei oder nur Russlanddeutsche wohnen?
Der Stuttgarter Wohnungsmarkt ist sehr eng. Selbst wenn Migranten
landsmannschaftlich unter sich wohnen wollten, hätten sie gar nicht die
Möglichkeit dazu. Sie haben nur eine sozial bedingte Konzentration. Die
setzt sich dann in einem hohen Migrantenanteil in den Kitas und Schulen
fort. Das ist ein Problem, weil die Bildungsbürger von diesen Kitas oder
Schulen weggehen und in Privatschulen wandern.
Kommt es in Wohnhäusern von Migranten zu Konflikten?
In Einzelfällen ja. Zum Teil sind es Generationenkonflikte in Wohngebieten,
wo ältere Deutsche und kinderreiche Migranten in preiswerten Wohnungen
leben. Aus Sicht der älteren Deutschen sind dann die Kinder zu laut.
In Hessen hat sich ein große Wohnungsbauunternehmen vom Leitbild des
ethnisch gemischten Wohnens verabschiedet. Was halten Sie davon?
Wenn wir die Konzentration von bestimmten Milieus haben, haben wir auch
eine Konzentration von Bildungsschwächeren und von Arbeitslosen in
bestimmten Stadtgebieten. Dann ist es schwierig, eine gute
Bürgergesellschaft zu fördern, weil die engagierteren Familien nicht da
sind, die Elternvertreter werden oder in Bürgervereinen mitmachen. Wir
bräuchten dann mehr Investitionen in die Jugendhilfe und in die
Kriminalprävention.
Was halten Sie von der Idee, ethnisch einheitliche Nachbarschaften zu
schaffen?
Das erschwert die Integration. In klassischen Einwanderungsländern wie den
USA oder Kanada findet Integration trotz Segregation statt. Aber unsere
Erfahrung ist, dass es einfach schwieriger ist, wenn die Milieus unter sich
sind. Den Migranten fehlen Vorbilder im Sinne von Aufstiegskarrieren.
Sie würden sich dagegen wenden, wenn eine Wohngesellschaft die
Russlanddeutschen und die Türkischstämmigen nach Häusern sortieren wollte?
Das halte ich nicht für zielführend. Die Nationalität ist nicht
entscheidend. Auch in den attraktiven Halbhöhenlagen Stuttgarts wohnen
Migranten, die gut verdienen. Unsere Erfahrung ist auch, dass zum Beispiel
Türken nicht unter sich bleiben wollen. Im Wohnumfeld nicht und auch nicht
bei der Bildung. Dass Türken in benachteiligten Quartieren wohnen, liegt
auch daran, dass viele auf dem Wohnungsmarkt diskriminiert wird. Wir
sanieren benachteiligte Quartiere, um weitere Segregation zu vermeiden -
eine zweischneidige Strategie: Wenn wir Wohngebiete aufwerten, entsteht ein
Verdrängungswettbewerb zulasten der Schwächeren. Deswegen bieten wir
preiswertere Wohnungen auch Migranten zum Kauf an.
Wäre es nicht ehrlicher, wenn die Politik sich vom Leitbild gemischter
Quartiere offiziell verabschiedet?
Das ist oft die Realität. Die muss man dann so gestalten, wie sie ist.
Deswegen gibt es ja Streitschlichter oder Stadtteilmütter. Aber die
sozialen Maßnahmen reichen allein nicht für eine gute Nachbarschaft.
20 Nov 2007
## AUTOREN
Georg Löwisch
## TAGS
Bremen
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