# taz.de -- Kommentar Ethnische Entmischung: Das Ende des Zusammenlebens | |
> Die Nassauische Heimstätte Wohnstadt bricht ein Tabu. Das Einteilen von | |
> Wohnblocks nach ethnischen Kriterien fördert die Ghettoisierung. | |
Ist die Integration gescheitert? Für eine Wohnungsbaugesellschaft in Hessen | |
offenbar schon. Sie will ganze Wohnblocks in Zukunft nach ethnischen | |
Kriterien vergeben: Türkische Mieter sollen künftig zu Türken ziehen, | |
Russlanddeutsche zu Russlanddeutschen. Die ethnische Entmischung der | |
Wohnbevölkerung, oft mit Schreckworten wie "Ghettoisierung" und "Rückzug in | |
die Parallelgesellschaft" umschrieben, wird damit nicht nur akzeptiert. Sie | |
wird damit bewusst gefördert. | |
Ist das jetzt eine besonders perfide Variante des Multikulturalismus? Oder | |
liegen gar Begriffe wie "Apartheid" und "Rassentrennung" näher? | |
Keine Frage, die Nassauische Heimstätte Wohnstadt bricht ein Tabu. Dabei | |
vollzieht sie nur nach, was sich bundesweit in vielen "Problembezirken" | |
beobachten lässt: Die Mittelschicht wandert ab; zurück bleibt eine ethnisch | |
segregierte Unterschicht. Schon jetzt gibt es gar nicht so wenige | |
Vermieter, die ihre Wohnungen nicht an Mieter mit ausländisch klingenden | |
Namen vergeben; da hilft auch kein Antidiskriminierungsgesetz. Doch wenn | |
eine öffentliche Wohnungsbaugesellschaft die ethnische Entmischung ihrer | |
Wohnblöcke zum offiziellen Programm erhebt, wird daraus ein Politikum. Denn | |
damit stellt sie die Idee der Integration von Zuwanderern in Frage. | |
Natürlich kann man niemanden zwingen, zusammenzuleben. Wenn sich Mieter | |
partout nicht vertragen, sollten sie besser nicht zusammenwohnen - egal, ob | |
sie nun einen vietnamesischen, russischen oder gar keinen | |
Migrationshintergrund besitzen. Und klar ist auch, dass | |
Wohnungsbaugesellschaften damit überfordert sind, den Rückzug in kulturelle | |
Enklaven zu stoppen, wo sich das Hartz-IV-Prekariat sammelt. Kapitulieren | |
dürfen sie vor dieser Entwicklung aber nicht. | |
Umgekehrt gilt: Wenn 15 Nationalitäten in einem Haus leben, ist die | |
Integration noch längst nicht gelungen. Wichtiger ist, wie es im Viertel, | |
an Schulen und am Arbeitsplatz aussieht: Das sind die wahren Orte der | |
Integration. Parallelgesellschaften entstehen überall dort, wo es an | |
Möglichkeiten zur gesellschaftlichen Teilhabe fehlt. Wo dagegen | |
Bildungserfolg und gesellschaftlicher Aufstieg winken, da klappts meist | |
auch mit den Nachbarn. | |
21 Nov 2007 | |
## AUTOREN | |
Daniel Bax | |
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