# taz.de -- ZDF-Klage gegen Filmverbot vor Gericht: Richter mit Gesichtern | |
> Vor und nach einem öffentlichkeitswirksamen Strafprozess müssen | |
> TV-Aufnahmen zugelassen werden. Das hat das Karlsruher | |
> Bundesverfassungsgericht entschieden. | |
Bild: Durch Gesichtsverfremdung soll "Prangerwirkung" vermieden werden. | |
Bei wichtigen Gerichtsverfahren darf das Fernsehen die Beteiligten vor und | |
nach dem Prozess filmen. Das klärte jetzt der Erste Senat des | |
Bundesverfassungsgerichts in einer Grundsatzentscheidung. Dabei sind aber | |
die Persönlichkeitsrechte von Angeklagten, Zeugen und Richtern zu wahren. | |
Geklagt hatte das ZDF: Es wollte über das Strafverfahren gegen achtzehn | |
Bundeswehrausbilder berichten, die für die Misshandlung von Rekruten in der | |
Kaserne Coesfeld verantwortlich gemacht wurden. Doch der Vorsitzende | |
Richter des Landgerichts Münster, Thomas Mattonet, verbot alle TV-Aufnahmen | |
in den Minuten vor und nach Prozessbeginn. So sollte es den angeklagten | |
Offizieren und Unteroffizieren ermöglicht werden, "unbeeinträchtigt von | |
Rundfunkaufnahmen" den Sitzungssaal zu betreten. Auch die üblichen | |
Aufnahmen vom Einzug der Richter in den Saal unterblieben. | |
Hiergegen hatte das ZDF einen Eilantrag und eine Verfassungsbeschwerde | |
erhoben. Beide waren erfolgreich: Vier Tage vor dem Prozess in Münster ließ | |
das Verfassungsgericht TV-Aufnahmen bis zum Prozessbeginn zu. Jetzt gab | |
Karlsruhe auch der Verfassungsbeschwerde im Hauptverfahren statt und ging | |
in der Begründung deutlich über den Einzelfall hinaus. | |
Es liege im Interesse der Justiz, öffentlich wahrgenommen zu werden, | |
argumentierten die Verfassungsrichter. TV-Aufnahmen, bei denen auch die | |
Beteiligten zu sehen sind, seien hierbei hilfreich. Es könne allerdings | |
geboten sein, die Gesichter der Angeklagten zu verfremden, um eine | |
"Prangerwirkung" zu vermeiden. Auch ein generelles Verbot, die Angeklagten | |
zu filmen, sei im Einzelfall wegen der "für sie ungewohnten und belastenden | |
Situation" denkbar. Die Abwägung müsse der vorsitzende Strafrichter | |
treffen. Im Fall der "berufserfahrenen" Soldaten aus Coesfeld sei so viel | |
Rücksicht aber nicht erforderlich gewesen, so das Verfassungsgericht. | |
Auch bei Zeugen, vor allem bei Opfern einer Straftat, müsse die besondere | |
belastende Situation vor Gericht berücksichtigt werden, so Karlsruhe. Sogar | |
Strafrichter und Staatsanwälte haben in Ausnahmefällen Anspruch auf | |
TV-Schutz, wenn ihnen sonst Übergriffe außerhalb des Gerichtssaals drohten. | |
Dass der Gerichtssaal für Fernsehaufnahmen zu klein ist, sei dabei kein | |
zulässiges Argument für Einschränkungen. Mindestens ein TV-Team muss filmen | |
können und die Aufnahmen dann an andere Sender weitergeben. | |
TV-Aufnahmen der Verhandlung selbst sind in Deutschland dagegen gesetzlich | |
verboten, um unbefangene Zeugenaussagen zu fördern. Eine dagegen gerichtete | |
Verfassungsbeschwerde des Nachrichtensender n-tv war schon 2001 | |
gescheitert. (Az. 1 BvR 620/07) | |
29 Jan 2008 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
## TAGS | |
Heiko Maas | |
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