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# taz.de -- Münchener Sicherheitskonferenz: Mehr Deutsche nach Afghanistan
> Schlagabtausch über den erweiterten Afghanistaneinsatz der Bundeswehr?
> Fehlanzeige bei der Sicherheitskonferenz - denn der wird wohl schon im
> Sommer beschlossen.
Bild: Mehr Soldaten, 18 Monate Laufzeit und eine Ausdehnung gen Westen - so sol…
Die Bundesregierung plant offenbar, den Afghanistaneinsatz auszuweiten. Auf
dem Nato-Gipfel im April in Bukarest soll Bundeskanzlerin Angela Merkel
verkünden, dass Deutschland statt der bisher 3.500 künftig 4.500
Soldatinnen und Soldaten an den Hindukusch schicken wird. Der
Verantwortungsbereich der Deutschen soll nach Westen ausgedehnt werden. Ein
entsprechendes Bundestagsmandat könnte über das übliche eine Jahr hinaus
auf etwa 18 Monate befristet werden, damit es nicht im Bundestagswahlkampf
2009 verlängert werden muss. Dies berichtete am Samstag der Spiegel.
Die Nachricht platzte mitten in die Münchner Sicherheitskonferenz, zu der
am Wochenende über 200 Außen- und Verteidigungspolitiker,
Rüstungslobbyisten und Militärs aus aller Welt im Hotel Bayerischer Hof
zusammengekommen waren.
Auf Nachfragen von Grünen- und FDP-Abgeordneten sagte Verteidigungsminister
Franz Josef Jung (CDU) in München jedoch nur, was er seit Tagen sagt: Er
verwies auf die Grenzen des bestehenden Bundestagsmandats für Afghanistan
und "bat um Verständnis", dass er sich zu zukünftigen Einsätzen nicht
äußere. Eine Stationierung im umkämpften Süden Afghanistans sei aber
weiterhin nicht vorgesehen.
Koalitionsabgeordnete bestätigten jedoch die Pläne. Der CSU-Außenpolitiker
Karl-Theodor zu Guttenberg behauptete gar: "Es handelt sich um Ideen aus
dem Bundestag." Eine solche Bemerkung könnte dazu dienen, in den Fraktionen
der Regierungsparteien Zustimmung zum dort nicht unumstrittenen
Afghanistaneinsatz zu sichern.
Auch der Sprecher des Verteidigungsministeriums Thomas Raabe dementierte
die Nachrichten nicht. Er erklärte es lediglich für unwahrscheinlich, dass
der Bundestag schon vor Ablauf der Einjahresfrist für das bestehende
Mandat, etwa im Juni, über einen neuen Einsatz abstimmen werde. "Dafür
braucht man schon gute Gründe", sagte er.
Die Idee, ein erweitertes Mandat gleich bis 2010 laufen zu lassen, damit es
nicht Gegenstand des Bundestagswahlkampfes wird, hatten zum Wochenende
bereits Unions-Fraktionschef Volker Kauder und auch Außenminister Frank
Walter Steinmeier (SPD) in die Welt gesetzt. "Das drängt sich ja fast auf",
bestätigte Steinmeier in München. Zur näheren Begründung verwies
Jung-Sprecher Raabe auf die Linkspartei, die die ablehnende Haltung der
Bevölkerung ausnützen würde. Nach jüngsten Umfragen lehnen 63 Prozent der
Bundesbürger das Engagement in Afghanistan ab. Ob allerdings ein
aufgestocktes Mandat die Forderung der USA, der Niederlande und Kanadas
nach Unterstützung im Süden Afghanistans befriedigen wird, blieb in München
fraglich.
In seiner Rede auf der Sicherheitskonferenz erklärte
US-Verteidigungsminister Robert Gates am Sonntagmorgen, er wundere sich
darüber, dass die Deutschen sich besonders angesprochen fühlten, wenn es um
die notwendige Verstärkung in Südafghanistan gehe. Deutschland leiste in
Nordafghanistan "großartige Arbeit". Auch sei ihm klar, worauf Grünen-Chef
Reinhard Bütikofer hinwies, dass Deutschland die viertmeisten Todesfälle in
Afghanistan zu beklagen habe. Deutschland sei offenbar "überempfindlich,
dabei ist es doch nie erwähnt worden", sagte Gates. Sein Brief, der
hierzulande für Aufruhr sorgte, weil er in schroffem Ton zur
Truppenaufstockung aufrief, sei an alle 25 Nato-Partner gerichtet gewesen.
Zudem betonte Gates erneut, dass die Nato "als Ganzes" in Afghanistan
unbedingt mehr leisten müsse. Afghanistan sei "der erste Bodenkrieg" der
Nato, dabei habe man Fehler begangen. Für eine grundsätzliche Verbesserung
der politisch-militärischen Strategie brauche es einen Koordinator - "am
besten einen Europäer" -, der vor Ort den Überblick über die unzähligen
Aufbauaktivitäten bewahre. Jetzt aber wollten die USA unter größten Mühen
3.200 weitere Soldaten senden, und er erwarte, dass Europa ebensolche Mühen
auf sich nehme. Es dürfe keine Spaltung geben zwischen den Nato-Ländern,
die das Kämpfen erledigen, und denen, die das nicht tun.
Auch Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer sagte, es sei "ein bisschen
unfair", mit dem Finger auf Deutschland zu zeigen. Er verlangte jedoch von
allen Nato-Ländern in Afghanistan "maximale Flexibilität" und "null
Beschränkungen" in der Art des Einsatzes und hatte mit weitreichenden
Forderungen generell keine Probleme: "Let us have Streitkultur." Die
deutschen Repräsentanten bei der Sicherheitskonferenz - die im kommendem
Jahr von dem deutschen Diplomaten Wolfgang Ischinger geleitet werden wird -
lächelten etwas gequält dazu.
Frankreichs Verteidigungsminister Hervé Morin erwähnte in seinem Vortrag
nichts davon, dass Paris in Südafghanistan die besonders gestressten
Kanadier entlasten will. So war es am Freitag vom
Nato-Verteidigungsministertreffen im litauischen Vilnius gemeldet worden.
In München klang Morin jedoch eher so, als erwarte er auf jeden Fall einen
größeren Beitrag Deutschlands, bevor er für Frankreich etwas verspreche.
Heftig plädierte Morin, dessen Land gar kein volles Nato-Mitglied ist, für
eine Straffung der aufgeblähten Kalte-Kriegs-Strukturen der Nato. Dadurch
würden Mittel für Afghanistan frei.
Ebenso wie der "liebe Franz Josef" Jung plädierte Morin dafür, nicht nur
die militärische, sondern auch die zivile Komponente des
Afghanistan-Einsatzes zu stärken. Der bloße Militäreinsatz, sagte er, sei
"wie die Brandung am Strand" - ein Hin- und Zurückfließen. Doch "wenn die
Soldaten abgezogen sind, ist die Situation dieselbe wie zuvor."
11 Feb 2008
## AUTOREN
U. Winkelmann
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