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# taz.de -- Outing in Patienten-Broschüre: Ärzte gestehen Kunstfehler
> Jede zehnte Behandlung ist von Unregelmäßigkeiten betroffen: Erstmals
> schildern Mediziner ihre Fehler öffentlich. Damit wollen sie eine Debatte
> in den Kliniken anstoßen.
Bild: Mist, falsche Seite!
Behandlungsfehler in Kliniken, Arztpraxen und Pflegeheimen werden häufig
verschwiegen oder gar vertuscht. Groß ist die Angst vor Klagen und dem
Eingeständnis, wie alle Menschen fehlbar zu sein - mit zum Teil tödlichen
Konsequenzen. Jetzt haben 17 - zum Teil bekannte - Ärzte, Krankenschwestern
und Therapeuten dieses Tabu gebrochen: In einer Broschüre des
Aktionsbündnisses Patientensicherheit "Aus Fehlern lernen" schildern sie
ausführlich und beispielhaft eigene Fehler - und fordern andere Mediziner
auf, es ebenfalls zu tun.
"Nur wenn wir über Fehler sprechen lernen, können wir sie verhindern",
sagte der Vorsitzende des [1][Aktionsbündnisses Patientensicherheit],
Matthias Schrappe. Schrappe ist Professor und Internist am Frankfurter
Uniklinikum - und als junger Assistenzarzt ist ihm selbst ein Fehler
unterlaufen: Er erkannte die Anzeichen einer Lungenembolie nicht. Die
Patientin hätte sterben können. Sie überlebte.
Missverständnisse und Zeitmangel im komplexen Klinikalltag sind laut
Schrappe die Hauptursache für Fehler. Bei 5 bis 10 Prozent der jährlich
etwa 17 Millionen Klinikbehandlungen würden Patienten Opfer "unerwünschter
Ereignisse". Bei einem Drittel dieser Fälle liege ein Fehler vor. Das sind
280.000 bis 560.000 Fälle pro Jahr. "Aufgrund dieser Fehler sterben mehr
Menschen als im Straßenverkehr", sagte Hans-Jürgen Ahrens, Vorstandschef
des AOK-Bundesverbands, der die Broschüre finanzierte. Das wären jährlich
mehr als 5.000 Todesfälle. Genauere Zahlen gibt es nicht.
Am häufigsten führen Fehler von Ärzten und Pflegekräften zu Infektionen.
Nach Berechnungen des Robert-Koch-Instituts erkranken etwa 500.000
Patienten pro Jahr an den Folgen mangelnder Hygiene: Die Hände werden nicht
desinfiziert. Am zweithäufigsten leiden Patienten unter den Folgen von
falschen, falsch dosierten oder verwechselten Medikamenten.
Rechts-links-Verwechslungen bei Operationen kommen laut Schrappe etwa
hundertmal pro Jahr vor. Insgesamt liege die Fehlerquote in der
Bundesrepublik so hoch wie in vergleichbaren Ländern.
"Niemand kann garantieren, dass keine Fehler geschehen", sagte
Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD). Eine wichtige Voraussetzung für
die Qualitätssicherung im Gesundheitswesen sei aber, sich den eigenen
Fehlern zu stellen und aus ihnen zu lernen. Der Präsident der
Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, hofft auf einen Stimmungsumschwung
zugunsten einer "Fehlervermeidungskultur". Hoppe ist in der Broschüre nicht
vertreten. Auf der Pressekonferenz gab er aber zu, bei einem Patienten
einmal ein Medikament vertauscht zu haben.
29 Feb 2008
## LINKS
[1] http://www.aktionsbuendnis-patientensicherheit.de
## AUTOREN
Sabine am Orde
Sabine am Orde
## TAGS
Behandlungsfehler
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