| # taz.de -- Kommentar Chinas Tibet-Politik: Chinas fataler Systemfehler | |
| > Pekings Reaktionen auf die Proteste in Tibet aber erinnern an die | |
| > Mao-Zeit und passen nicht zu Chinas modernem Image. Doch ein Umdenken | |
| > wäre gleichsam das Ende der KP. | |
| Bild: Vereinbare Symbole? | |
| Chinas offizielle Reaktionen auf die Proteste in Tibet stehen in krassem | |
| Kontrast zu dem Image, das Peking so gern vom modernen China vermittelt und | |
| bei den Olympischen Spielen der Welt zeigen möchte. Bei näherem Blick wird | |
| deutlich, dass dieser Kontrast nicht nur Pekings Problem in Tibet ist, | |
| sondern das Grundproblem seines politischen Systems beschreibt. | |
| Dabei fühlt sich jeder europäische oder amerikanische Großstädter, der | |
| heute etwa in die Metropole Schanghai kommt, umgehend als Vertreter einer | |
| veralteten Welt. Die Wirtschaftsmetropole strotzt vor Zukunftsoptimismus | |
| und verkörpert klar den Aufbruch einer künftigen Weltmacht. | |
| Pekings Reaktionen auf die Proteste in Tibet aber erinnern an die Mao-Zeit | |
| und passen weder zur ultramodernen Architektur Pekings oder Schanghais noch | |
| zum Image eines aufgeklärten Mitglieds der Weltgemeinschaft. Peking | |
| reagiert völlig unsouverän und kaum anders als in den letzten Jahrzehnten. | |
| Da wird ein "Volkskrieg gegen den Separatismus" angedroht, werden die | |
| "Dalai-Lama-Clique" und "spalterische Elemente" pauschal verantwortlich | |
| gemacht, jedem unzufriedenen Tibeter wird mit großer Härte gedroht. | |
| Ausländer komplimentiert man aus Tibet heraus, der Empfang ausländischer | |
| TV-Sender wird bei Tibet-Berichten gestört, YouTube zensiert. Eine Debatte | |
| über das, was in Tibet schiefläuft, kennt das offizielle China nicht. | |
| Das muss all jene erschrecken, die gehofft hatten, dass China inzwischen | |
| weiter entwickelt sei. Doch das dafür benötigte Umdenken kann sich aus | |
| denselben Gründen so wenig entfalten, wie eine baldige Lösung des | |
| Tibetkonflikts unwahrscheinlich ist. Peking müsste den Tibetern echte | |
| Autonomie zugestehen und ihnen so das kulturelle Überleben jenseits des | |
| Folklorekitschs ermöglichen. Doch gerade das fällt China so schwer, weil | |
| dies sein eigenes politisches System gar nicht vorsieht. Denn in der | |
| Volksrepublik gibt es jenseits der Kommunistischen Partei keine Autonomie. | |
| Sie zu gewähren hieße, nicht nur die Software für eine wirklich aufgeklärte | |
| Gesellschaft zu entwickeln, sondern auch das Ende des Machtmonopols der KP | |
| einzuleiten. Die Tragik der Tibeter ist, dass sie nicht so lange warten | |
| wollen. | |
| 17 Mar 2008 | |
| ## AUTOREN | |
| Sven Hansen | |
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