# taz.de -- Streit um den Namen Mazedoniens: Griechenland droht mit Nato-Veto | |
> Athen verlangt von der exjugoslawischen Republik Mazedonien, ihren Namen | |
> zu ändern. Denn ein Teil Griechenlands heisst genauso. | |
Bild: Bekommt Mazedonien jetzt einen Doppelnamen, weil Griechenland es will? | |
BERLIN taz Die Nato-Konferenz in Bukarest steht vor einem Problem, das sich | |
als unlösbar erweisen könnte. Griechenland will die Republik Mazedonien, | |
die mit Kroatien und Albanien in die Allianz aufgenommen werden soll, aus | |
der Nato aussperren, so lange die exjugoslawische Teilrepublik auf ihrem | |
verfassungsmäßigen Namen besteht. | |
Die Namensfrage ist in Griechenland seit Anfang der 1990er-Jahre ein hoch | |
emotionales Thema. Damals lehnte die Regierung Mitsotakis einen von der | |
portugiesischen EU-Präsidentschaft vorgelegten Namenskompromiss ab. Die | |
"Patrioten" aller Parteien hatten in Thessaloniki eine halbe Million | |
Menschen auf die Straße gebracht, die unter dem Motto demonstrierten: "Es | |
gibt nur ein Mazedonien und das ist griechisch!" | |
Auch heute noch wollen fast 80 Prozent aller Griechen den Namen Mazedonien, | |
den drei nordgriechische Provinzen tragen, keinem anderen Staat | |
"überlassen". Wie selbstverständlich wird ein Namensmonopol unterstellt, | |
das sich von der antiken "mazedonischen Dynastie" und seinem Superhelden | |
Alexander dem Großen herleitet. Deshalb lehnt man sogar jeden | |
zusammengesetzten Namen für den Staat ab, der im Volksmund stets nur | |
"Skopje" heißt. | |
Die Regierung in Athen muss diese Gefühle in Rechnung stellen, argumentiert | |
aber gegenüber den Nato-Partnern realpolitisch. Laut Ministerpräsident | |
Kostas Karamanlis könnte der Nachbarstaat mit dem Namen Mazedonien | |
"unannehmbare politische Forderungen" begründen. So werden irredentistische | |
Ansprüche unterstellt, die in Skopje jedoch nur winzige extremistische | |
Gruppen erheben. | |
Vor dem Nato-Gipfel wurde eine Kompromissformel des UN-Vermittlers Matthew | |
Nimitz, die auf einen zusammengesetzten Namen wie "Republik | |
Mazedonien-Skopje" oder Republik Neu-Mazedonien" hinausliefe, von beiden | |
Seiten abgelehnt. | |
Athen stößt sich vor allem an der Tatsache, dass Nimitz einen "gespaltenen" | |
Namen vorsieht: Die Mazedonier sollen im Innern und in ihren bilateralen | |
Beziehungen ihren bisherigen Namen behalten dürfen, auf der Ebene | |
internationaler Organisationen aber den neuen, zusammengesetzten Namen | |
akzeptieren. Die Griechen wollen den Nachbarn den neuen Namen dagegen "für | |
jeden Gebrauch" aufzwingen. Das würde eine Verfassungsänderung durch das | |
Parlament in Skopje erfordern, die aber politisch nicht durchsetzbar ist. | |
Umgekehrt würde jede Lösung, die einen "doppelten Namen" vorsieht, im | |
griechischen Parlament keine Mehrheit bekommen. Hier verfügt die Regierung | |
Karamanlis nur über eine knappe Mehrheit. Und in der Parlamentsfraktion der | |
Nea Dimokratie stellen die Abgeordneten aus Nordgriechenland, die als harte | |
"Mazedonienkämpfer" gelten, eine faktische Vetomacht dar. Vor allem die | |
Abgeordneten aus Thessaloniki stehen unter dem Konkurrenzdruck der | |
rechtsradikalen Laos-Partei, die in der Hauptstadt des griechischen | |
Mazedonien die Straße mobilisieren kann. | |
Zudem kann sich die Regierung Karamanlis derzeit keine riskante | |
Außenpolitik leisten, da sie nach der Vorlage einer höchst unpopulären | |
Rentengesetzes innenpolitisch mit dem Rücken zur Wand steht. Deshalb hat | |
Karamanlis den Nato-Partnern angekündigt, gegen die Aufnahme der Republik | |
Mazedoniens ein Veto einzulegen, wenn die Namensfrage nicht zuvor im | |
griechischen Sinne geregelt ist. Damit scheint auch eine in Nato-Kreisen | |
diskutierte Möglichkeit ausgeschlossen, Mazedonien unter dem Namen Fyrom | |
(Former Yugoslav Republik of Macedonia) aufzunehmen. Diesen | |
"provisorischen" Namen hatte Athen 1995 auf UN-Ebene durchgesetzt, nachdem | |
es die Regierung in Skopje durch ein 18-monatiges Handelsembargo unter | |
Druck gesetzt hatte. | |
Es fragt sich, ob Griechenland gegen das damalige Abkommen verstößt, wenn | |
es den Nato-Beitritt des Nachbarn unter dem alten Namen blockiert. In Athen | |
ist man dennoch entschlossen, dem Druck Washingtons zu widerstehen. Die | |
Regierung Karamanlis, die vielen Griechen als proamerikanisch gilt, kann | |
das nur populärer machen. | |
3 Apr 2008 | |
## AUTOREN | |
Niels Kadritzke | |
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