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# taz.de -- Diskriminierte Afrodeutsche: "Schwarz oder weiß wird man nicht geb…
> Natasha Kelly, die ihren Vermieter wegen rassistischer Diskriminierung
> vor Gericht bringen will, über Hautfarbe, Identität und die
> Schwierigkeiten von Afrodeutschen.
Bild: Bezahlbare Mieten – aber für alle, bitte
taz: Frau Kelly, Sie haben sich lange und intensiv mit der Situation von
Afrodeutschen auseinandergesetzt. Auch die Sprache spielt dabei eine
wichtige Rolle. Wie sagt man denn nun eigentlich? Schwarze?
Natasha Kelly: "Neger" sagt man jedenfalls nicht. Jeder halbwegs gebildete
Mensch sollte inzwischen wissen, warum dieses Wort eine negative
Konnotation hat. "Farbige" war in den 70er-Jahren vielleicht politisch
korrekt, ist aber auch nur eine Verniedlichung von "Neger". Mir ist "Afro"
beziehungsweise, für Frauen, "Afra" am liebsten.
Welche Erfahrungen haben Sie selbst schon mit Rassismus gemacht?
Ich habe schon oft erlebt, dass Leute mich beleidigen. Dass ich eine Stelle
nicht bekomme, für die ich qualifiziert gewesen wäre, aber die Gründe
werden nicht angegeben. Bei Vorstellungsgesprächen wegen einer Wohnung lief
bei Telefongesprächen alles bestens, sieht mich der Vermieter dann, ist die
Wohnung angeblich schon vergeben. Dass man mich wegen meiner Hautfarbe
nicht rein lässt, kenne ich schon, aber dass man mich deswegen nachträglich
wieder rausschmeißt ist, mir noch nie passiert. Das ist auch das Krasseste,
was mir je widerfahren ist.
Könnte es sein, dass Ihr ehemaliger Vermieter sich des Unrechts seiner
Handlung gar nicht bewusst ist? Er hat die Kündigung ja angeblich nur auf
Wunsch zweier Mitmieter veranlasst.
Er hat mir gegenüber bei der Kündigung auch noch geäußert, dass er bei dem
ersten Vorstellungsgespräch gar nicht die Tür aufmachen wollte, als er mich
durch das Fenster ankommen sah. Am Telefon vermutet man wegen meiner guten
Deutschkenntnisse erst einmal keine Dunkelhäutige. Wie er mir bei der
Kündigung mitteilte, hat er mir nur aus Mitgefühl gegenüber meiner Tochter
geöffnet, die ja auch einen Tacken heller ist als ich. Und und uns ihr
zuliebe überhaupt die Wohnung gegeben.
Wie haben Sie reagiert, als er Ihnen die Kündigung mitgeteilt hat?
Ich war fassungslos, konnte gar nichts sagen. Ich war so geschockt, dass
ich nicht einmal meine Verletztheit zeigen konnte. Es ist mehr als
beleidigend.
Glauben Sie, dass Sie Ihr Recht bekommen werden?
Meine Befürchtung ist, dass F. sich glimpflich aus der Affäre ziehen kann:
Er war Beamter der Stadt und ist "ein angesehener gebürtiger Osnabrücker
Bürger", was er mir gegenüber immer betont hat. Solche Leute werden doch
schonend behandelt.
Wollen Sie auch mit dem X-Magazin gegen Rassismus kämpfen?
Das X-Magazin soll weit mehr als das vermitteln. Wir wollen uns aus der
gesellschaftlichen Opferrolle befreien und uns innerhalb der deutschen
Gesellschaft positionieren, ohne dabei den entsprechenden Bedeutungsgehalt
für und Einfluss auf Afros in Deutschland zu ignorieren. Unser Magazin legt
den Schwerpunkt auf kulturelle Themen - weniger auf die Politik. In diesem
Sinne fungiert X als mediale Plattform von und für Afros und
AfroKultur-Interessierte in Deutschland.
Warum heißt das Magazin eigentlich X?
Das X steht für den, die, das Unbekannte: Unbekannt ist tatsächlich die
Anzahl von Afros in Deutschland. Unbekannt ist ihre besondere Situation in
der deutschen Geschichte. Unbekannt scheint noch immer die selbst gewählte
Benennung als „Afrodeutsche“ oder „Schwarze Deutsche“. Unbekannt sind ihre
Beiträge zu deutscher Geschichte und Kultur. Durch das X erhält das
Mysterium des Unbekannten - symbolisch - ein Gesicht.
Sie wollten nicht, dass ich sie als „schwarze Studentin" bezeichne - und
wenn, dann "SCHWARZ", in Großbuchstaben.
Ich schreibe SCHWARZ und WEISS in Großbuchstaben, wenn - und das ist auch
ein absolutes Politikum im X-Magazin - Schwarz und Weiß sozialpolitische
Kategorien sind. Diese Kategorien sagen viel über das kulturelle
Wertempfinden aus: Schwarz oder weiß wird man nicht geboren, sondern man
wird dazu gemacht.
INTERVIEW: SIGRID LEHMANN-WACKER
13 Apr 2008
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Schwerpunkt Rassismus
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