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# taz.de -- Frau klagt wegen Benachteiligung: "Da hat es mir gereicht"
> Silke K. wurde bei einer Beförderung übergangen, obwohl sie viel länger
> im Betrieb war als der männliche Konkurrent. Doch wie belegt man
> Diskriminierung?
Bild: Zum Ausflippen: gleiche Arbeit, weniger Lohn als die Kollegen - und dann …
BERLIN taz Schon seit Längerem wusste Silke K., dass ihr Unrecht geschah.
Die 46-Jährige leitet die Personalabteilung einer Verwertungsgesellschaft
in Berlin, ihr Kollege, Herr. R., machte den gleichen Job in München.
Obwohl sieben Jahre kürzer im Betrieb als sie, bekam R. ein höheres Gehalt.
Als er auch noch bei einer Beförderung bevorzugt und sie nicht einmal
gefragt wurde, "da reichte es mir", erzählt K. und zog vor Gericht.
K. vermutet eine Diskriminierung als Frau und beruft sich dabei auf das
Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das Anfang 2007 in Kraft trat.
Das erste Problem "besteht darin, den Anfangsverdacht der
Ungleichbehandlung zu belegen", erklärt Klaus Michael Alenfelder, Anwalt
von K. und Experte für das AGG. Denn erst wenn ein Anfangsverdacht vom
Gericht festgestellt wird, steht der Arbeitgeber in der Bringschuld,
ausführlich zu beweisen, dass er den männlichen Bewerber aus fachlichen
Gründen vorgezogen hat.
K. wusste zwar aufgrund ihrer Tätigkeit als Personalverantwortliche, dass
R. besser bezahlt wurde als sie. Diese internen Kenntnisse aber konnte sie
vor Gericht so nicht verwenden. Um einen Anfangsverdacht zu belegen, berief
sich ihr Anwalt Alenfelder daher auf Statistiken. Bei der
Verwertungsgesellschaft arbeiten zu 80 Prozent Frauen. Aber in den oberen
Etagen sitzen ausschließlich Männer. Dieses rechnerische Ungleichgewicht in
den Führungsjobs, das den Geschlechterverhältnissen in der
Gesamtbelegschaft so krass entgegensteht, "macht wahrscheinlich, dass in
dem Unternehmen aufgrund des Geschlechtes diskriminiert wird", erklärt der
Anwalt.
In den USA werden solche Wahrscheinlichkeitsrechnungen als Indiz längst
akzeptiert, berichtet Alenfelder. Das Berliner Arbeitsgericht aber lehnte
dies in erster Instanz ab. Die Vorlage von Statistiken sei "kein
ausreichendes Indiz für die Glaubhaftmachung eines Verdachts auf
Diskriminierung", urteilte der Richter.
"Solange die Statistik als Indiz nicht anerkannt ist, wird es schwierig,
Diskriminierung nachzuweisen", sagt Alenfelder. Denn nur in seltenen Fällen
erklären Arbeitgeber offen, dass sie Frauen Leitungsfunktionen nicht
zutrauen.
Auch die Geschäftsführung der Verwertungsgesellschaft hatte fachliche
Gründe angeführt, warum R. befördert worden war: Er hatte angeblich mehr
Erfahrung in der Personalentwicklung, arbeitete 40 Stunden in der Woche und
nicht nur 35 Stunden wie Silke K. Das Gericht urteilte, dass R. als
"Jurist" auch besser geeignet war, die bundesweite Personalführung zu
übernehmen als K., die graduierte Betriebswirtin ist. Ein peinlicher Irrtum
des Richters: R. ist kein Jurist, sondern ebenfalls Betriebswirt.
Nun geht der richterlich schlampig bearbeitete Fall in die nächste Instanz:
vor das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg. "Ich gehe notfalls bis zum
Europäischen Gerichtshof", sagt K. Im Unternehmen will sie bleiben.
Betriebsrat und MitarbeiterInnen unterstützten sie. "Das gibt mir Kraft."
BARBARA DRIBBUSCH
15 Apr 2008
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
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