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# taz.de -- Tempelhof: Tempelhoffans völlig zerstritten
> Wirtschaftsverbände wollen aus Tempelhof einen Landeplatz für Promis
> machen. Die Initiative Icat hingegen möchte einen echten Flughafen mit
> 60.000 Starts und Landungen - dreimal mehr als jetzt.
Bild: Irgendwie für Tempelhof: Vorstellung der Kampagnenplakate
Die Freunde des Flughafens Tempelhof bewegen sich zehn Tage vor dem
Volksentscheid auf Kollisionskurs. Am Mittwoch stellten beide Gruppen
erneut ihre sich widersprechenden Konzepte für den Weiterbetrieb vor.
Während die Industrie- und Handelkammer (IHK) zusammen mit den
Handwerkskammern am Vormittag für einen reinen Geschäftsflugplatz Tempelhof
warb, beschwor die Bürgerinitiative Icat einige Stunden später die Vision
eines Verkehrsflughafens für alle herauf: "Wir wollen nicht ausschließlich
einen Bonzenflughafen, das ist klar", sagte Malte Pereira, Sprecher der
Interessengemeinschaft City Airport Tempelhof (Icat).
IHK und Handwerkskammern halten es dagegen langfristig für sinnvoll, alle
Linienflüge am neuen Großflughafen Berlin-Brandenburg International zu
bündeln. Das Flugfeld bliebe dann kleinen, feinen Geschäfts- und
Ambulanzfliegern überlassen. Es würde als Sonderflugplatz deklariert. "Ein
Weiterbetrieb als Verkehrsflughafen ist rechtlich schwierig und mit hohen
juristischen Hürden verbunden", sagt Jürgen Brückmann, Stadtentwickler bei
der IHK.
Abstimmen werden die Berliner am übernächsten Sonntag über die
Icat-Version: "Tempelhof bleibt Verkehrsflughafen" heißt es auf den
Stimmzetteln. Machen rund 610.000 Stimmberechtigte ihr Kreuz bei "Ja", gilt
der Entscheid als angenommen. Der rot-rote Senat ist jedoch nicht
gezwungen, sich daran zu halten, und kann den Flughafen trotzdem wie
geplant zum 31. Oktober schließen. Dies hatte er bereits 2003 beschlossen,
um das Milliardenprojekt Berlin Brandenburg International (BBI)
wirtschaftlich nicht zu gefährden.
Die Wirtschaftsverbände und die Icat sind sich darin einig, dass der
Schließungsbefehl aufgehoben muss. Zur Begründung führen beide Gruppen an,
dass die Flugverkehrszahlen in die Höhe schössen und der Großflughafen bald
zu klein wäre. Im Bemühen, ihn zu entlasten, sind die Tempelhoffans jedoch
gespalten. Die Wirtschaftsvertreter möchten BBI lediglich vom wachsenden
Geschäftsfeld der Businessfliegerei befreien. Kleine Maschinen bis 30
Tonnen sollen künftig rund 25.000-mal pro Jahr von Tempelhof abheben und
aufsetzen. Eine Vorstellung, die die Icat für unwirtschaftlich hält - und
deshalb Maschinen bis zu 50 Tonnen landen lassen möchte: 50.000 bis 60.000
jährliche Starts und Landungen plant die Initiative aus Bürgern,
CDU-Politikern und Betreibern von Fluggesellschaften ein, damit sich der
Weiterbetrieb rechnet. Das wären dreimal so viele Flugbewegungen wie
zurzeit. "Wir verschließen die Augen nicht vor der wirtschaftlichen
Realität", sagt Sprecher Pereira.
Die Berliner Flughäfen kritisieren die Pläne: Von Kapazitätsengpässen könne
überhaupt keine Rede sein, so Sprecher Ralf Kunkel. Das hätten Befragungen
der Fluggesellschaften ergeben. Im Gegenteil: "Wer Tempelhof über 2011
betreiben will, gefährdet automatisch BBI."
Tempelhof sei seit Jahren ein Verlustgeschäft, erklärte Linke-Landeschef
Klaus Lederer am Rande einer Veranstaltung von Flughafengegnern. Eine
Wirtschaftlichkeit sei nur um den Preis einer erheblich höheren
Flugfrequenz zu haben. "Und das wollen wir nicht", so Lederer.
17 Apr 2008
## AUTOREN
Anna Lehmann
Georg Fahrion
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