# taz.de -- Adam Green im Berliner Huxleys: Sein Stern sank schnell | |
> Adam Green war Mitbegründer der Antifolkszene. Dann entschied er sich für | |
> eine Solokarriere. Im Berliner Huxleys verspielte Green nun den letzten | |
> Kredit bei seinen Fans. | |
Bild: Green mit politoxikomanem Gesichtsausdruck. | |
Eine unaufgeregte Stimmung lag am Dienstagabend über Huxleys Neuer Welt in | |
der Hasenheide. Der New Yorker Singer-Songwriter Adam Green war angekündigt | |
und hatte gleich noch zwei Vorbands mitgebracht. | |
Und so hörten sich die apathischen Zuschauer zunächst einen typischen | |
Antifolker, den arrogant-verlotterten Liedermacher Cody Turner an. | |
Mehr Interesse weckte dann Laura Marling - ihre Stimme erinnerte an Dido | |
und die Sängerin der irischen Band Cranberries, Dolores ORiordan. Marlings | |
Darbietung ging allerdings zu sehr ins Country-Folkige. Als der Star des | |
Abends sich dann aufreizend viel Zeit ließ und erst Stunden nach dem | |
angekündigten Konzertbeginn auf die Bühne kam, war die Luft endgültig raus. | |
Schon im Vorfeld war das Konzert nur auf geringes Publikumsinteresse | |
gestoßen, so blieb das Huxleys halbleer. | |
Klar, die Antifolkpuristen verachten ihn schon seit Jahren, seit dem Ende | |
der Moldy Peaches. Seine Solokarriere wurde von Anfang an angefeindet. Und | |
leider hat Green hintereinander drei - bei aller Liebe sehr schwache - | |
Alben veröffentlicht. Trotzdem war er vor zwei Jahren noch Liebling der | |
Berliner Massen, spielte zweimal hintereinander im vollen Tempodrom und | |
wurde auf Schritt und Tritt von der "Abendschau" verfolgt. Adam Green | |
schien der legitime Nachfolger Harald Juhnkes zu werden, aber sein Stern | |
sank schnell. Das aktuelle Album "Sixes and Sevens" ist zwar mit Chören und | |
dicken Arrangements nicht ganz so langweilig wie die Vorgänger, aber | |
wirklich gute Stücke finden sich darauf nicht. Auf die Bühne kommt er im | |
Huxleys mit seiner alten Band und zwei Sängerinnen, die für ein wenig | |
Motown-Sound sorgen. Wie gewohnt hampelt er sinnlos herum, vollführt seine | |
alten und neuen Deppentänze. | |
Das Lustige, Ironische, Anarchistische seiner Bühnenshow ist aber zur | |
bloßen Pose geworden. Er war bei Radio Eins, es war fantastisch, erzählt | |
Green, und heute Mittag hat er ein paar Babys gegessen. Das sind die | |
langweiligen Verrücktheiten des Adam Green, die man ja schon zur Genüge aus | |
seinem Suhrkamp-Lyrikband kennt. Adam, der in den letzten Jahren gerne | |
tiefsitzende Hosen trug und beim Bücktanz zu ausgiebig seine A-Falte | |
zeigte, hat sich nun einen Gürtel gekauft und stellt ein anderes prekäres | |
Körperteil zur Schau: Seinen Bauch, der sich nun nicht mehr im Übergang von | |
Babyspeck zu Bierbauch befindet. | |
Leider hat er sich neben einer betrunkenen Körpersprache und seinem | |
politoxikomanen Gesichtsausdruck auch noch ein vollends | |
hysterisch-affektiertes Lachen angewöhnt und wirkt so immer mehr wie ein | |
degenerierter Höfling aus einer Büchner-Komödie. Aber haben wir Fans der | |
ersten Stunde dieses Ungeheuer nicht auch miterschaffen? Es ist traurig. | |
Der nur halb gefüllte Raum lässt immerhin dessen architektonische Schönheit | |
stärker wirken, und auf den bequemen Lederbänken kann man sich ein bisschen | |
ausruhen und die Bühnenshow verfolgen. Betrunkene Mädchen suchen Anschluss, | |
fragen, wie lange das Konzert noch dauert und was ein Taxi nach Eberswalde | |
kostet. Dabei wird es doch bei den alten Stücken gerade ein bisschen schön. | |
"Bluebird", das Lied über den vergnüglichen Selbstmord, das geniale "Dance | |
with me"! Bei "Jessica Simpson" wird man dann endgültig sentimental. | |
Erinnerungen an Adam Greens ersten Auftritt im Musikfernsehen werden wach. | |
Selige Zeiten, als man noch gespannt Viva 2 verfolgte, Charlotte Roche für | |
die Hoffnung des Musikfernsehens hielt und sich in die genial-einfachen | |
Stücke des Adam Green verliebt hatte. Seine Stimme ist immer noch | |
außergewöhnlich tief und schön, und egal wie betrunken er auf der Bühne | |
wirkt, er war immer ein toller Sänger, bei dem jeder Ton sitzt. Vielleicht | |
ist es ja auch nur ein Betrunkenspielen, eine bloße Übersprungshandlung | |
eines schüchternen jungen Mannes? Zum Schluss wird er ganz weich, erzählt | |
freimütig, wie schlimm es tags zuvor in der Schinkelhalle in Potsdam war - | |
disgraceful - und wie schön es hingegen in Berlin ist. Ach, armer Adam! Was | |
soll nur aus dir werden! | |
Selbst wenn er sich jetzt mal so richtig Zeit nehmen und in drei bis vier | |
Jahren mal eine zur Abwechslung überraschend gute CD aufnehmen würde - er | |
hat seinen Höhepunkt längst überschritten. Vielleicht sollte er mal eine | |
größere Pause einlegen, am Schicksal innerlich reifen, die pubertären | |
Albernheiten ein wenig ablegen und eine wirkliche Sängerpersönlichkeit | |
werden? Noch ist er jung. | |
24 Apr 2008 | |
## AUTOREN | |
Christiane Rösinger | |
## TAGS | |
Pop-Kultur | |
New York | |
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