# taz.de -- Unternehmer, Politiker und Künstler, selbst die Polizei ist sauer:… | |
> Der Rundfunk Berlin-Brandenburg will sein Radio Multikulti zum Jahresende | |
> abwickeln. Die taz spart nicht mit Kritik und holt Fans des renommierten | |
> Senders ans Mikrophon. | |
Bild: Kann man hören. | |
"… Menschenrechte nicht nur ein Thema für die Türkei oder China, sondern | |
auch für Deutschland und Berlin sind. Radio Multikulti hat es in den | |
vergangenen Jahren geschafft, Menschenrechte auf der lokalen Ebene sichtbar | |
zu machen. Die MacherInnen des vielfältigen Programms betreiben Aufklärung | |
im besten Sinne: MigrantInnen lernen ihre Rechte kennen und werden | |
informiert, wie sie diese einfordern können. Mit diesem Zuschnitt und der | |
Nähe zum Publikum ist Radio Multikulti einfach unersetzlich! Berlin braucht | |
diesen Multivitaminsaft!" | |
Heiner Bielefeldt, Direktor des Deutschen Instituts für Menschenrechte | |
"… die Migrantencommunitys, aber auch alle anderen BerlinerInnen auf Radio | |
Multikulti als Informationslieferant über das multikulturelle Leben in | |
Berlin angewiesen sind." | |
Izabela Ebertowska, Arbeitskreis Neue Erziehung, Exvorsitzende des | |
Polnischen Sozialrats | |
"… Berlin eine transkulturelle Stadt und Radio Multikulti deren Stimme ist. | |
Mit der Schließung dieser Welle trifft der öffentlich-rechtliche Sender, | |
für den auch ich Gebühren zahle, eine politische Aussage, die die | |
Unterminierung einer bestimmten soziopolitischen und kulturellen Identität | |
bedeutet. Radio Multikulti gibt der Vielfältigkeit und den Menschen Berlins | |
mit ihren Kulturen ein Gesicht. Es ist eine sehr wichtige Plattform." | |
Ipek Ipekcioglu, 36, DJane | |
"… es den Leuten eine Stimme gibt, die sonst keine haben." | |
Michael Kesting, Leiter des Kulturzentrums Naunynritze | |
"… die Multikulturalität einer Metropole wie Berlin nur durch solche | |
Programme abgebildet und gestärkt wird. Weil auch die Nachfahren der | |
Einwanderer ein Recht auf Informationen in ihrer Herkunftssprache haben. | |
Und weil in anderen Programmen Migranten nicht ausreichend repräsentiert | |
werden." | |
Ahmet Külahci, 57, Leiter der Berliner "Hürriyet"-Redaktion | |
"… es die gelebte Brücke zwischen den einheimischen und zugewanderten | |
Bevölkerungsgruppen in Berlin und Brandenburg ist. Ohne Radio Multikulti | |
fehlt in dieser Beziehung eine der wichtigsten Stimmen in unserer | |
multikulturellen Hauptstadt und der gesamten Region!" | |
Donato Melillo, 34, Fanbetreuer von Hertha BSC | |
"… Radio Multikulti für warmherzige Vielfältigkeit und zusammenbringende | |
Offenheit steht. Und davon gibt es leider nicht viel in Deutschland." | |
Muhabbet, 23, Musiker | |
"… wir es nicht zulassen dürfen, dass die politisch Verantwortlichen | |
glauben, die Fans und Anhänger von Radio Multikulti seien die schwächste | |
Lobby und Migranten könnten sich sowieso nicht wehren. Vor 15 Jahren war | |
der Brandanschlag von Solingen, bei dem fünf Menschen starben. Eines der | |
Ergebnisse war Radio Multikulti. Angesichts des wachsenden | |
Rechtsradikalismus dieses Radio jetzt zu schließen, ist auch eine Ansage. | |
Aber nicht die, die unsere Gesellschaft jetzt braucht." | |
Cem Özdemir, 42, Europaabgeordneter der Grünen und Berliner | |
"… wir nur in den fremdsprachigen Programmen von Radio Multikulti Migranten | |
mit schlechten Deutschkenntnissen um Mithilfe bei der Aufklärung von | |
Straftaten bitten und um Vertrauen in die Arbeit der Polizei werben | |
können." | |
Mitarbeiter des Landeskriminalamts, der seinen Namen leider nicht | |
öffentlich nennen kann | |
"… es Berlins Talentschmiede für interkulturelle JournalistInnen ist". | |
Michael Rediske, Geschäftsführer Verein Berliner Journalisten | |
"… wer Integrationspolitik will, sie auch durch solche Sendungen begleiten | |
lassen muss." | |
Klaus Eisenreich, GdP-Sprecher | |
"… es mir Einblick in andere Musik und Kulturen gibt." | |
Christian Ströbele, Bundestagsabgeordneter der Grünen | |
"… es deutsche Kultur hier schon zur Genüge gibt." | |
Jörg Sundermeier, 38, Verbrecher Verlag | |
"… die Lobbyisten des unendlich Reinen sonst in Eintönigkeit verstummen | |
würden." | |
Christoph Tannert, 44, Leiter des Künstlerhauses Bethanien | |
"… es ein Radio ist, das Menschen verschiedener Völker und Kulturkreise | |
eine Stimme gibt, damit sie ihre Kulturen und Religionen pflegen können. | |
Außerdem ist das Programm interessant und gut gemacht." | |
Abdul Basit Tariq, 61, Imam der Berliner Ahmadiyya-Gemeinde | |
"… ich selber Radio Multikulti höre und nicht darauf verzichten möchte! Ich | |
finde die Welle super, denn kein anderes Radio spielt so unterschiedliche | |
Musik und gewährt solche Blicke in die Welt. Außerdem ist Radio Multikulti | |
ein Spiegelbild von Berlin. Die Schließung würde bedeuten, das zu | |
ignorieren. Deshalb muss man für den Erhalt der Welle kämpfen." | |
Idil Üner, 36, Schauspielerin ("Auf der anderen Seite") | |
"… ich nur hier alles über das Leben in Berlin, die deutsche Schule und | |
neue Gesetze erfahre." | |
Binh Biu Thanh, 49, vietnamesische Verkäuferin und Mutter | |
"… es ein Bindeglied ist zwischen den unterschiedlichen | |
Bevölkerungsschichten in Berlin und die gesellschaftliche Vielfalt der | |
Stadt einzigartig widerspiegelt." | |
Daniel Wall, Vorstandsvorsitzender der Wall AG | |
"… diese Radiowelle ein wunderbares Medium ist, um Migranten und Deutsche | |
zu verbinden - ein Integrationsmedium. Es wäre sehr traurig, wenn so etwas | |
kaputt gemacht wird." | |
Alexander Zinn, 40, Geschäftsführer des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) | |
Berlin-Brandenburg | |
22 May 2008 | |
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