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# taz.de -- Medien: Multikulti fürchtet Sparzwang
> Seit 1994 fördert Radio Multikulti mit Sendungen in vielen Sprachen die
> gegenseitige Verständigung. Weil der RBB sparen muss, fürchten
> Mitarbeiter um die Existenz des Kultsenders.
Bild: Kann man hören.
Sonntags um 19.05 Uhr sitzen Berliner Vietnamesen in der Regel zu Hause auf
der Couch: Dann sendet Radio Multikulti ihre Sendung. Eine dreiviertel
Stunden laufen jede Woche auf Vietnamesisch Berichte über die alte Heimat -
und über die neue. Das Programm gilt als Straßenfeger. Doch nun bangt es um
seine Existenz - mit ihm das ganze Radio Multikulti. Denn der RBB muss
sparen, 54 Millionen Euro in den kommenden vier Jahren. Ob nur einzelne
Sendungen oder ganze Sender eingespart werden, steht noch nicht fest.
Mitarbeiter von Radio Multikulti sehen sich aber ganz oben auf der
Abschussliste - und haben sich mit einem Aufruf "Radio Multikulti muss
bleiben" an die Presse gewandt.
Seit 1994 ist Multikulti auf Sendung: Weltmusik läuft kombiniert mit
Informationen für und über Migranten, tagsüber auf Deutsch, nach 17 Uhr in
der Originalversion. Ob Türkisch, Französisch oder Farsi, jede Sprache
findet entsprechend ihrem Anteil an der Bevölkerung einen Platz im
Programm. "Radio Multikulti ist ein unersetzbarer Gesamtsender, der über
Musik, Aktionen, Themen und Sprachen die Vielfalt der Kulturen hörbar und
damit sichtbar macht und verbindet", sagt Barbara John, die langjährige
Beauftragte des Senats für Integration und Migration. "Er holt die
Migranten aus ihren eigenen Horizonten heraus."
Ähnliches ist auch aus dem Umfeld der Redaktion zu hören. Namentlich
zitiert werden möchte jedoch niemand. "Radio Multikulti ist ein
einzigartiges Projekt. Lediglich das Funkhaus Europa des WDR ist annähernd
vergleichbar und wurde 1999 nach unserem Vorbild gestaltet", sagt eine
Mitarbeiterin. Wenn Multikulti geschlossen würde, befürchtet sie, wäre das
ein Signal an alle ARD-Anstalten, mit Programmschließungen Geld
einzusparen.
Tatsächlich hat der RBB mit sieben Sendern ein recht großes Angebot. Zum
Vergleich: Der WDR, der dreimal so viele Hörer und Gebührenzahler im
Einzugsgebiet hat, betreibt nur sechs Radiostationen. Gesichert sein dürfte
das Info-Radio: Immerhin ist es das RBB-Prestige-Objekt und hat eben ein
neues Studio bekommen. Dass man auf das Kulturradio verzichtet, gilt
ebenfalls als ausgeschlossen: Schließlich gehört Kultur ausdrücklich zum
öffentlich-rechtlichen Programmauftrag.
Einen eher kleineren Sender wie Radio Multikulti wegzurationalisieren
scheint da naheliegend - zumal die Hörerzahlen mit 246.000 in den letzten
zwei Wochen recht gering sind. Was jedoch auch daran liegt, dass in den
Medienanalysen nur deutsche und somit viele der Multikulti-Hörer nicht
erfasst werden. Auf der anderen Seite: Der Etat des Radios liegt nach
RBB-Informationen im unteren einstelligen Millionenbereich. Die Schließung
würde also das Finanzloch nicht wesentlich verkleinern.
Sinnvoller wären da zwei Szenarien, die im Senderflurfunk häufiger die
Runde machten: Die Jugendwelle Fritz und das nicht ganz so junge Radio Eins
könnten fusioniert werden. Auch das Stadtradio 88,8 und die mehr auf
ländliche Räume spezialisierte Antenne Brandenburg könnten sich
zusammentun.
Wie die Einsparung letztendlich aussehen wird, entscheidet sich in den
kommenden Monaten. Aber schon jetzt steht fest, dass sich Radio Multikulti
nicht klanglos verabschieden wird.
16 May 2008
## AUTOREN
Juliane Wiedemeier
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