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# taz.de -- Portugal gegen Türkei: Alle wollen Ronaldo
> Die Portugiesen brauchten eine Weile, um mit der eigens erfundenen
> türkischen Defensivstellung klarzukommen. Am Ende können sie ihre
> technische Überlegenheit ausspielen.
Bild: Statt Ronaldo macht Innenverteidiger Pepe die Tore - eines der beiden zä…
GENF taz Kurz nach Mitternacht durchdrangen zwei laute Huptöne den zum
Treffpunkt für Spieler und Journalisten umfunktionierten überdachten
Parkplatz hinter der Haupttribüne des Stade de Geneve. Der Busfahrer der
portugiesischen Nationalmannschaft verlor langsam die Geduld, aber
Christiano Ronaldo kam einfach nicht richtig vorwärts. Verließ er die eine
Menschentraube aus wissbegierigen Reportern, bildete sich ein paar Schritte
weiter die nächste.
Am Ende stand der Stürmer von Manchester United mit seinem roten
Gucci-Täschchen unterm Arm und dem silbernen Knopf im linken Ohr vor
englischen Journalisten, die wissen wollten, ob er denn die Spekulationen
um einen möglichen Wechsel zu Real Madrid verdrängen könne. Real bietet ja
millerweile angeblich 100 Millionen Euro für den dribbelsüchtigen
Weltkassedraufgänger und egal, was auch passiert bei dieser EM im Lager der
Portugiesen, Ronaldo zieht die Aufmerksamkeit auf sich wie kein zweiter
Spieler dieses Turniers.
Ronaldo, der locker wirkte, als habe er gerade entspannt eine Partie
Tischtennis gespielt und nicht 90 Minuten Fußball in einem EM-Turnier,
blies kurz die Backen auf und sagte dann: "Um meine Zukunft mache ich mir
keine Gedanken, ich weiß, dass sie gut wird. Ich konzentriere mich voll auf
dem EM."
Der 2:0-Sieg Portugals gegen die Türkei war da gerade etwas mehr als
anderthalb Stunden Vergangenheit, doch nach der 0:1-Niederlage der
Schweizer gegen Tschechen im zweiten Spiel der Gruppe A sind die
Portugiesen, die am kommenden Mittwoch auf die Tschechen treffen werden,
dem Viertelfinale schon sehr nahe. "Wir haben schon 50 Prozent der Punkte,
die wir für das Weiterkommen brauchen. Und das nach dem ersten Spiel, das
ist doch schon sehr gut", sagte der portugiesische Trainer Felipe Scolari.
Vor vier Jahren hatte seine Mannschaft ihr erstes Gruppenspiel gegen
Griechenland verloren, es danach aber dennoch bis ins Finale geschafft, wo
sie dann aber schließlich wieder an den Griechen scheiterte.
Die Portugiesen spielen vielleicht nicht mehr so spektakulär wie damals,
aber die individuelle Klasse der Spieler ist nach wie vor groß genug, um
gegen eine durchschnittliche Mannschaft wie die Türken letztlich souverän
zu triumphieren. Auch wenn sie sich in der ersten Halbzeit schwer taten
gegen das 4-1-4-1-System, das der türkische Nationaltrainer Fatih Terim für
seine Mannschaft an diesem Abend erfunden hatte.
Aus dem Spiel heraus vermochten die Portugiesen in der ersten Halbzeit
keine Torgefahr zu entwickeln, nur durch Standardsituationen kamen sie zu
gefährlichen Schüssen aufs türkische Tor. Doch Pepes Kopfballtreffer in der
16. Minute wurde vom deutschen Schiedsrichter Heribert Fandel zu Unrecht
wegen angeblicher Abseitsstellung die Anerkennung verwehrt - und der stets
zwischen Weltklasse und Slapstick changierende türkische Torhüter Volkan
zeigte in Genf seine besten Seiten und lenkte in der 38. Minute einen von
links quer durch den Strafraum getretetenen Freistoss von Ronaldo gerade
noch mit den Fingerspitzen an den rechten Pfosten.
"Es ist normal, dass eine Mannschaft 30 Minuten braucht, um in ein solches
Turnier zu finden und auch Ronaldo muss man diese Anlaufphase zugestehen",
erklärte Scolari zufrieden. Das Spiel nahm für die Portugiesen an Fahrt
auf, als Scolari Ronaldo, dem auf der linken türkischen Abwehrseite vom in
Berlin geborenen Hakan Balta wenig zugestanden wurde, in den zweiten 45
Minuten von einem Rechtsaußen in einen Linksaußen verwandelte.
Auf der linken Seite kam ihm und den Portugiesen zugute, dass Ronaldo auf
Hamit Altintop von Bayern München traf, der seine gerade überstandene
zweimonatige Verletzungspause nicht kaschieren konnte. Altintop war dem
rasanten Tempo Ronaldos nicht gewachsen. "Nicht die waren zu schnell,
sondern wir zu langsam", gestand Altintop ein. Zudem brachte Terim nach der
Pause den defensiveren Sabri für den offensiven Mevlüt, in der Absicht, dem
Mittelfeld dadurch mehr Balance zu geben. Doch das misslang gründlich und
Altintop hielt mit seiner Meinung nicht hinterm Berg: "Nach dem Wechsel
wussten wir überhaupt nicht, wie wir spielen sollten."
Knackpunkt der Partie war dann eine haarsträubende Aktion des türkischen
Innenverteidigers Gökhan Zan, der zuerst den Ball falsch berechnete und
dann auch noch Simao im eigenen Strafraum umtrat (Schiedsrichter Fandel
ließ Vorteil gelten und Nuno Gomes traf den Pfosten). Vier Minuten später
humpelte Gökhan verletzt vom Platz. die Portugiesen nutzen diese Schwächung
der türkischen Defensive zum entscheidenden Führungstreffer aus.
Der überragende Innenverteidiger Pepe spielte sich mit Hilfe eines
Doppelpasses mit Nuno Gomes gerade durch die türkische Abwehr hindurch und
schoss von kurz vor dem Elfmeterpunkt alleine vor Volkan ein (61.). Die
Grätsche vom für Gökhan Zan eingewechselten Emre Asik kam zu spät, der
desorientierte Einwechselspieler berührte die Kugel sogar noch unheilvoll.
Das 2:0 durch den eingewechselten Raul Meireles in der Nachspielzeit nach
einem von Ronaldo von links vorangetriebenen Konter drückte die
Überlegenheit der Portugiesen klar aus, für die Nuno Gomes zudem noch
zweimal den Pfosten getroffen hatte (50. und 65.). Zum dritten Mal bei
ihrer erst dritten EM-Teilnahme verloren die Türken den Vergleich gegen
diePortugiesen und stehen nun unter gewaltigem Erfolgsdruck. Zumal auch der
Einsatz von Zans Innenverteidiger-Kollege Servet, der sich nach einem
Schlag aufs Knie (7.) bis zum Ende quälte, im nächsten Spiel fraglich ist.
"Wir geben die Hoffnung nicht auf", sagte Fatih Terim trotzig. Doch bei
einer Niederlage am Mittwoch ist die Zukunft der Türken bei diesem Turnier
nach zwei Spielen schon vorbei. Einen Trost haben sie aber: Für die
Schweizer gilt das ebenso.
7 Jun 2008
## AUTOREN
Tobias Schächter
## TAGS
Frauen-WM 2019
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