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# taz.de -- Die Polen gehen mit Furcht ins Spiel: Ein Ordensträger auf Reisen
> Vor dem EM-Auftakt gegen die deutsche Mannschaft sorgt sich Leo
> Beenhakker, der Herbergsvater der polnischen Auswahl, um die Moral seiner
> Schützlinge.
Bild: Polens Nationaltrainer aus den Niederlande, Leon Beenhakker, beim Trainin…
BAD WALTERSDORF taz Leo Beenhakker, Träger des "Ordens für die Wiedergeburt
Polens", weiß um die Erwartungshaltung der polnischen Fans. Im
Trainingszentrum im Thermenörtchen Bad Waltersdorf hängt ein 40
Quadratmeter großes Laken, auf dem sich ungezählte Fußballfans aus Krakau,
Warschau oder Poznan verewigt haben. Sie haben einfach unterschrieben oder
ein paar Sinnsprüche draufgekritzelt. Das riesige Laken begleitet die Polen
auf ihrer Reise durch Österreich und die Schweiz.
Polen ist zum ersten Mal bei einer Europameisterschaft dabei, und der
Auftakt am Sonntag könnte kaum schwieriger sein. Die Deutschen erwarten sie
in Klagenfurt, und gegen die haben sie seit einer Ewigkeit nicht mehr
gewinnen können. Auch nicht bei der vergangenen Weltmeisterschaft, als
Oliver Neuville mit seinem Tor in der Nachspielzeit ihre Ambitionen
zunichtemachte. "Ich fürchte mich schrecklich vor dieser EM", hat Polens
Fußballlegende Grzegorz Lato unlängst gesagt, und auch bei anderen ist der
Respekt vor dem WM-Dritten groß.
Leo Beenhakker, der Holländer, versucht derweil, die latente Furcht vor dem
Nachbarn etwas abzumildern, indem er sagt: "Ich sorge für Ruhe in der
Mannschaft, denn wenn man nervös ist und vor dem Spiel zum Beispiel nicht
schlafen kann, dann ist das schlecht, und man bringt keine Leistung." Er
ist so etwas wie der Herbergsvater der polnischen Mannschaft. Seine
Trainingsmethoden sind nicht die neuesten, sein taktisches Geschick ist
überschaubar, doch als Gute-Laune-Coach ist der erfahrene Beenhakker (65)
immer noch zu gebrauchen, zumal er bei seinem letzten Engagement für
Trinidad und Tobago etliche Lektionen in Lockerheit erhalten hat. Einen
schnellen Spruch hat er denn auch immer drauf. Zum Beispiel den: "In
Holland sagt man: Um sicherzugehen, dass man Deutschland geschlagen hat,
muss man sie bis in den Bus verfolgen."
Die Verfolgung aufgenommen haben vor allem die polnischen Boulevardmedien,
die mit "schmutzigen Kampagnen" (Beenhakker) auf das Spiel hinarbeiten.
Beenhakker hat sich seit den Ausfällen von Fakt und Super Express in dieser
Woche gleich mehrfach entschuldigt, sozusagen in seiner Funktion als
Fußballbotschafter Polens. "Ich habe Verständnis dafür, dass die Zeitungen
einen Warm-up machen müssen, aber es gibt nun mal klare Grenzen, und die
sind hier ein paarmal überschritten worden", sagte er. Doch allzu lange
wollte er sich nicht mit den Bildern von abgeschlagenen Köpfen des Gegners
und mit Erinnerungen an mittelalterliche Schlachten beschäftigen,
schließlich hat er sein Team im verregneten Burgenland auf das Spiel am
Sonntag einzustimmen.
Das ist gar nicht so einfach, denn erneut fällt ein Kicker aus.
Mittelfeldspieler Jakub Blaszczykowski von Borussia Dortmund hat am
Freitagmorgen das EM-Quartier der Polen verlassen müssen. Nachnominiert
wurde Lukasz Piszczek, Angreifer von Hertha BSC Berlin. Nach einer
Übungseinheit am Donnerstag hatten Polens Teamärzte entschieden, dass
Blaszczykowski nach einer Ende Mai im Trainingslager in Donaueschingen
erlittenen Oberschenkelzerrung nicht für die Europameisterschaft fit sei.
Der verblüffte Piszczek sagte nach seiner Ankunft in Österreich: "Ich bin
im totalen Schock." Er wird es verschmerzen, dass er seinen Urlaub auf
Rhodos beenden musste.
Blaszczykowski ist bereits der zweite schwerwiegende Ausfall in der
Mannschaft von Beenhakker - nach Verteidiger Grzegorz Bronowicki.
Nichtsdestotrotz sieht der Holländer seine Mannschaft bestens gerüstet und
in viel besserer Verfassung als noch vor zwei Jahren. "Die Körpersprache
meiner Jungs sagt mir: Sie sind bereit für die Herausforderung", sagt Leo
Beenhakker. Und an alles, wirklich alles, will der Weltenbummler auch
gedacht haben: "Wir haben sogar 10 gegen 11 gespielt, und 11 gegen 10."
6 Jun 2008
## AUTOREN
Markus Völker
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