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# taz.de -- Kolumne Gerüchte: Die im "Hund" die Knie beugt
> Was tun, wenn man in allen Gruppen plötzlich die Älteste ist? Locker
> bleiben und atmen, atmen, atmen.
Neulich gab mir mein Bekannter Jo so einen typischen Hinweis: "Maxxim,
Joachimsthaler Straße, Dienstagabend machen die eine After-Work-Party, die
Musik ist tanzbar, und da sind auch Ältere, Leute über 40, ich glaube,
sogar 50-Jährige." Ältere!
Das ist das Codewort. Nichts ist gefragter bei Menschen in der zweiten
Lebenshälfte als Orte, wo man lustige Dinge erleben kann, wenigstens ab und
zu ein paar Gleichaltrige zu sehen kriegt und es sich nicht um eine
Grillparty, einen Standardtanzkurs oder ein Wellnesshotel mit
Ayurveda-Massagen handelt.
Ins "Maxxim" habe ich es aber noch nicht geschafft. Ich geh ja jetzt öfter
zum Yoga.
"Atmen, atmen, atmen", sagt Ute, "lasst euer Ego los". Ich stehe auf der
Yogamatte im Studio in Kreuzberg. Wenn man nach oben schaut, guckt man
durchs Dachfenster in den Himmel und sieht die Wolken ziehen. Beim Blick in
die Runde fällt mir auf, dass ich heute mal wieder mit Abstand die Älteste
bin.
Es fing damals an, in diesem Kletterkurs für fortgeschrittene Anfänger, der
wirklich leicht zu machen war für Leute auch um die 45, 50. Ich hatte den
Kurs im Internet gebucht und zog wenig später mit vier Geografiestudenten,
geschätzte 28 Jahre alt, durchs Elbsandsteingebirge. Die Leute waren
wirklich nett, mir fiel nur auf, dass ich besonders oft gelobt wurde, da
ich an der Wand "doch wirklich flott" heraufgeklettert sei.
Damals musste ich an den Roman "Fegefeuer der Eitelkeiten" von Tom Wolfe
denken, in dem die 50-jährige Hauptfigur, von ihrem Ehemann verlassen, in
ein Fitnessstudio eincheckt. Sie findet sich mit lauter 30-Jährigen wieder,
die in Leggings vor ihr herumhopsen. Während einer Aerobic-Übung erleidet
sie einen Kreislaufkollaps. So möchte man nicht im Mittelpunkt stehen.
"Kinderposition", sagt Ute. Alle sinken auf die Matte hernieder. Die
"Kinderposition" ist eine angenehme Stellung, man kauert sozusagen auf der
Matte nieder, rollt sich ein bisschen ein und darf mal klein sein. Die
ließen es sich schon auch gut gehen, die Yogis. Vor mir kauern lauter
schlanke Gazellen auf dem Boden. Das hat auch was Schönes. Aber "age
diversity" sieht anders aus.
"Krankenkasse", hat meine Freundin Theresa gesagt, "buch doch einfach einen
Yogakurs über die Krankenkasse. Da sind auch Ältere, garantiert."
Krankenkasse! Klingt nach Leuten mit weißen Socken und Schlappen. Ich finde
das Studio hier aber schön. Und die Leute können ja nichts dafür, dass
nicht noch mehr Frauen auftauchen, die auch lieber weite Trainingshosen und
flattrige T-Shirts tragen als knallenge Sporttops mit Spaghettiträgern.
Männer mit Wampe und Stirnglatze kommen leider noch seltener in
Yogaschulen. Schade, ich würde garantiert mein breitestes Lächeln
herüberbeamen, man wird ja sehr großzügig mit den Jahren.
"Einatmen, Ausfallschritt rechts nach hinten", sagt Ute. Ausfallschritt
klappt bei mir inzwischen ganz gut, wichtig ist, dass man das Gleichgewicht
über den Knien halten kann. "Atmen" mahnt Ute, "seid einfach hier". Bin ich
ja.
"Die Älteste?", hatte meine Bekannte S. neulich gesagt und gegrinst, "ich
bin die Jüngste." In ihrer Feldenkrais-Gruppe in Charlottenburg ist sie mit
ihren 50 Jahren das Küken, was sie auch genießt. 60-, 70-Jährige, sogar
eine 80-jährige Frau machen dort in Jeanshemden und weiten Baumwollhosen
diese kleinen, gelenkschonenden Bewegungen. Die meisten hätten aufregende
Schicksale hinter sich, sagt S. Sie ist übrigens entschlossen, im
Rentenalter "endlich wieder ein Hippieleben" zu führen.
"Wir gehen jetzt in den Hund", kündigt Ute an. Der Hund ist wie eine Art
Liegestütz, bei dem man den Hintern nach oben und hinten streckt. Dabei
soll der Rücken ganz lang sein, die Beine möglichst durchgedrückt und die
Fersen am Boden. So jedenfalls sieht es auf den Fotos in den Yogabüchern
aus. Und bei meinen Sportskameradinnen auch. Bei mir nicht. Ich beuge die
Knie. Andernfalls wird mein Rücken zu rund in dieser Position. Ich bin die
Einzige, die das tut. "Findet euren eigenen, persönlichen Hund", sagt Ute.
Genau.
Fragen zum "Hund"? [1][[email protected]] Dienstag: Adrienne Woltersdorf ist
OVERSEAS
19 Jun 2008
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## AUTOREN
Barbara Dribbusch
Barbara Dribbusch
## TAGS
Yoga
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