Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kommentar Marburger Solar-Projekt: Recht auf Klimaschutz
> Kaum werden Klimaschutz-Maßnahmen mal gesetzlich festgemacht - ist die
> Rede von "Ökodiktatur". Eine absurde Warnung, wird doch alles
> demokratische beschlossen.
Marburg schreibt den BürgerInnen die Nutzung von Solarkollektoren vor, die
Europäische Union will klassische Glühbirnen verbieten. Und sofort setzt
die Debatte ein: Ist das nun endlich der konsequente Klimaschutz, auf den
wir schon so lange warten - oder der Beginn der "Ökodiktatur", vor der
einige Kritiker warnen?
Ohne Frage ist es richtig, dass der Staat sich nur dort ins Leben der
Menschen einmischen soll, wo es gute Gründe dafür gibt. Die Warnung vor
einer Ökodiktatur scheint aber nicht nur deswegen absurd, weil es sich um
Beschlüsse demokratischer Gremien handelt. Zudem sind staatliche Vorgaben,
die dem Allgemeinwohl dienen, etwas völlig Normales.
Sicherheitsvorschriften werden ebenso wenig infrage gestellt wie
Gesundheitsnormen und Verkehrsregeln. Und gerade beim Eigenheim macht der
Staat von der Farbe der Dachziegel bis zur Größe des Stellplatzes viele
Vorschriften. Im Gegensatz zu einigen dieser Vorgaben gibt es für die
Pflicht zur solaren Wärmeerzeugung immerhin einen guten Grund, nämlich den
Klimaschutz.
Die Hoffnung, dass der Markt das Problem allein löst, hat sich nicht
erfüllt. Obwohl sich Sonnenkollektoren über die eingesparten Heizkosten
schon nach wenigen Jahren rechnen, sind sie bisher nur auf sechs Prozent
der deutschen Dächer zu finden. Und auch Glühbirnen werden noch immer
reichlich verkauft, obwohl mit Energiesparlampen bei minimalen
Investitionen viel Geld gespart werden kann.
Selbst wenn die notwendigen Veränderungen durch die steigenden Öl- und
Gaspreise eines Tages vermutlich auch von allein kommen würden, setzt
Marburg mit seiner Entscheidung ein richtiges Zeichen: Das
Allgemeininteresse Klimaschutz hat Vorrang vor Individualinteressen wie der
Wahl einer Heizung. Auf die Zustimmung jedes Einzelnen kann - wie bei
anderen Regeln auch - nicht immer gewartet werden.
Mit staatlicher Gängelung hat das nichts zu tun. Es zeugt vielmehr von
Bürgersinn und Verantwortung, wenn mehrheitlich getroffene Entscheidungen
auch von weniger einsichtigen Hausbesitzern umgesetzt werden müssen. Ganz
im Sinne des Grundgesetzes: Eigentum verpflichtet - in Marburg jetzt auch
zum Klimaschutz.
19 Jun 2008
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
## ARTIKEL ZUM THEMA
Entscheidung in Marburg: Solar-Pflicht beschlossen
Das hessische Marburg hat als erste deutsche Stadt eine Solaranlagenpflicht
für Bauherren beschlossen. Gegner schimpfen über "Öko-Diktat".
Eine Stadt wird solar: Die Marburger Öko-Offensive
Der Marburger Stadtrat macht Ernst: Mit einer neuen Satzung werden künftig
Bauherren von neuen Häusern verpflichtet, eine Solaranlage zu installieren.
Marburger Solar-Initiative: Öko per Gesetz
Kommunen haben weitreichende Kompetenzen: Die Verpflichtung von Bürgern auf
die Nutzung von Solarenergie wird auch durch das Baugesetz ausdrücklich
legitimiert
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.