# taz.de -- Streit um Solar-Pflicht: Über den Dächern Marburgs | |
> Die hessische Stadt will die Solarpflicht einführen. Doch das | |
> Regierungspräsidium und ein Energieverband wehren sich und prüfen nun, ob | |
> sie vor Gericht ziehen. | |
Bild: Solarzellen auf allen Dächern: In Marburg könnte das bald Realität sei… | |
Die hessische Stadt Marburg muss wegen der geplanten Solarpflicht mit | |
juristischem Streit rechnen. Sowohl das Regierungspräsidium Gießen als auch | |
der Verband für Energiehandel Südwest-Mitte prüfen rechtliche Schritte | |
gegen die neue Solarsatzung. Diese Verordnung, die für alle Neubauten und | |
renovierten Altbauten die Nutzung von Solarkollektoren für | |
Warmwasserbereitung oder Heizung vorschreibt, stand am Freitag im | |
Stadtparlament zur Abstimmung. Eine Mehrheit wurde erwartet, doch zu | |
Redaktionsschluss war noch keine Entscheidung gefallen (Infos auf | |
[1][taz.de]). | |
Das zuständige Regierungspräsidium hatte schon am ersten Entwurf der | |
Solarsatzung vom Januar fünf Aspekte beanstandet. Ein zentraler Punkt wurde | |
bereits entschärft: Alternativ zur Nutzung von Solarwärme erlaubt die | |
Satzung nun auch Biomasse-Heizungen, Fernwärme aus Blockheizkraftwerken | |
oder eine besonders gute Dämmung. Andere Einwände hält die Behörde hingegen | |
aufrecht: "Kommunen sind nur für regionale Aufgaben zuständig", sagte | |
Manfred Kersten, Sprecher des Regierungspräsidiums. "Daher kann der | |
Klimawandel als globales Problem nicht als Begründung für Entscheidungen | |
herangezogen werden." Die Behörde behalte sich vor, die Satzung deshalb zu | |
beanstanden. Kersten rechnet zudem damit, dass Bauherren klagen werden: "Es | |
liegt auf der Hand, dass es Verfahren geben wird." Auch der | |
Energiehandels-Verband, ein Zusammenschluss regionaler Ölhändler, prüft | |
juristische Schritte. | |
Marburgs zweiter Bürgermeister Franz Kahle (Grüne) räumt ein, dass die | |
Stadt mit der Solarsatzung "juristisches Neuland" betritt. Er ist jedoch | |
zuversichtlich, dass die Regelungen Bestand haben. "Die Bauordnung gibt uns | |
das Recht, die rationelle Verwendung von Energie durchzusetzen." | |
Völlig allein steht Marburg mit den neuen Vorschriften ohnehin nicht. Für | |
Neubauten plant auch die Bundesregierung die verbindliche Nutzung von Wärme | |
aus erneuerbaren Energien. Und während Altbauten auf Bundesebene auf Druck | |
des unionsgeführten Wirtschaftsministeriums ausgenommen wurden, hat das | |
CDU-regierte Baden-Württemberg seit Jahresbeginn ein Wärmegesetz, das auch | |
bei Renovierung von bestehenden Häusern greift. Anders als in Marburg, wo | |
schon eine Sanierung das Daches als Anlass genügt, soll die Pflicht dort | |
jedoch nur beim Austausch des zentralen Heizkessels greifen. Das Gesetz auf | |
Landesebene ist wohl auch der Grund, warum nun Marburg als erste Kommune | |
Solarpflicht einführt - und nicht die als "Solar-Hauptstädte" bekannten, | |
grün regierten Kommunen Tübingen oder Freiburg. "Das Marburger Ziel ist | |
völlig richtig", sagt Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer. Wegen | |
juristischer Zweifel und des Landesgesetzes plane er jedoch keine kommunale | |
Regelung. | |
20 Jun 2008 | |
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## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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