# taz.de -- Verbot für Hess-Gedenkmärsche bestätigt: Neonazis müssen zu Hau… | |
> Das Bundesverwaltungsgericht billigt die Verbote von Gedenkmärschen in | |
> Erinnerung an den Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß. Die Demos verletzen | |
> laut Richtern die Würde von NS-Opfern. | |
Bild: Heß-Gedenkmärsche können als "Volksverhetzung" verboten werden, so das… | |
FREIBURG taz Gedenkmärsche an den einstigen Hitler-Stellvertreter Rudolf | |
Heß können als "Volksverhetzung" verboten werden. Dies hat gestern das | |
Bundesverwaltungsgericht in einer Grundsatzentscheidung geklärt. Konkret | |
ging es um das Verbot einer Demonstration in Wunsiedel im Jahr 2005. Rudolf | |
Heß wurde nach dem zweiten Weltkrieg als Kriegsverbrecher verurteilt und | |
starb 1987 in einem Gefängnis der Alliierten in Berlin-Spandau. | |
Anschließend wurde er im Familiengrab in der oberfränkischen Kleinstadt | |
Wunsiedel beigesetzt. Seit 1988 versucht die rechte Szene jährlich im | |
August, in der Nähe seines Todestags einen Gedenkmarsch in Wunsiedel zu | |
veranstalten. | |
Als es 1990 zu gewalttätigen Zwischenfällen mit Skinheads kam, wurden die | |
Versammlungen in den nächsten zehn Jahren verboten. Erst im Jahr 2001 | |
erlaubte das Bundesverfassungsgericht wieder den Gedenkmarsch. Die | |
Demonstration könne nur verboten werden, so die Richter damals, wenn es | |
konkrete Anzeichen für Ausschreitungen gebe. Doch 2005 verschärfte der | |
Bundestag das Demonstrations- und Strafrecht. Zum einen wurden | |
Demonstrationsverbote an Gedenkstätten für NS-Opfer erleichtert. Zum | |
anderen wurde der Volksverhetzungs-Paragraph verschärft. Als Volksverhetzer | |
kann künftig auch bestraft werden, wer die NS-Herrschaft "billigt, | |
verherrlicht oder rechtfertigt". Diese Änderung sollte gezielt auch Verbote | |
von Heß-Gedenkmärschen ermöglichen. Allerdings verlangt das Gesetz | |
zusätzlich, dass dabei die Würde der NS-Opfer verletzt sein müsse. | |
Peter Seißler, der SPD-Landrat von Wunsiedel hatte bei der Anhörung im | |
Bundstag diese Einschränkung noch massiv kritisiert. "Wer Hitlers | |
Stellvertreter verherrlicht, verletzt nicht automatisch die Würde der | |
Opfer", gab er zu bedenken. Doch die Abgeordneten gingen davon aus, dass | |
der tiefe Eingriff in Meinungs- und Versammlungsfreiheit nur mit dem Schutz | |
der Menschenwürde gerechtfertigt werden kann. Also stütze das Landratsamt | |
Wunsiedel das Verbot des Heß-Marsches 2005 eben auf die neue | |
Strafvorschrift. Und natürlich klagte der Anmelder der Demonstration, der | |
Hamburger Nazi-Anwalt Jürgen Rieger, der inzwischen auch NPD-Vize ist. | |
Wie die bayerischen Gerichte hat nun auch das Bundesverwaltungsgericht in | |
Leipzig das Verbot der Demonstration bestätigt. Die Richter hatten keine | |
Zweifel, dass das Gesetz mit der Verfassung vereinbar ist. Der Schutz der | |
Menschenwürde der NS-Opfer rechtfertige den Eingriff in Meinungs- und | |
Versammlugnsfreiheit. | |
Das Gesetz sei auch auf Märsche, wie den von Wunsiedel anwendbar, so die | |
Leipziger Richter. Wer Heß als Märtyrer bezeichne, stelle ihn als "integre | |
Figur mit Vorbildfunktion" dar. Seine Glorifizierung beinhalte eine | |
Billigung des NS-Regimes mit allen Verbrechen. Und wer NS-Verbrechen wie | |
die Ermordung von Millionen jüdischer Opfer billige, der verletze auch die | |
Menschenwürde, sowohl der Getöteten wie auch der Überlebenden. | |
Der Kläger, NPD-Vize Jürgen Rieger, kann gegen die Leipziger Entscheidung | |
noch das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe anrufen, das den Schutz der | |
Versammlungsfreiheit meist besonders ernst nimmt. 2005 hatte Karlsruhe | |
einen Eilantrag von Rieger in dieser Sache abgelehnt, weil er "schwierige | |
Rechtsfragen" aufwerfe. | |
Aktenzeichen: 6 C 21.07 | |
25 Jun 2008 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
Christian Rath | |
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Schulferien | |
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