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# taz.de -- Kein Interesse an neuer Atomdebatte: Grüne und SPD hadern mit Eppl…
> Erhard Eppler will der Union eine Laufzeitverlängerung für Akws anbieten,
> falls sie im Gegenzug den Ausstieg in die Verfassung aufnehmen. Damit
> macht sich der SPDler wenig Freunde.
Bild: Hat laut nachgedacht: Vordenker Erhard Eppler.
FREIBURG taz Der Vorschlag könnte die CDU/CSU in die Enge treiben: Der
SPD-Politiker Erhard Eppler hat angeboten, man könne über
Laufzeitverlängerungen für die deutschen Atomkraftwerke reden, wenn
zugleich das langfristige Ende der Atomkraft in der Verfassung verankert
wird. "Erstens hätten wir dann endlich so etwas wie einen Energiekonsens,
wie ein modernes Industrieland ihn braucht. Und zweitens könnte Deutschland
anderen das richtige Signal geben", sagte der Vordenker der
Sozialdemokraten dem Spiegel.
Die CDU/CSU tat nun am Wochenende, was Politiker immer tun, wenn man ihnen
ein Koppelgeschäft anbietet: Sie begrüßte wenig überraschend den Vorschlag
zur Laufzeitverlängerung - und schwieg dezent zum Vorschlag, dem Ende des
Atomstroms Verfassungsrang einzuräumen. CSU-Generalsekretärin Christine
Haderthauer zum Beispiel äußerte sich erfreut, "dass es nun erste
SPD-Politiker gibt, die längere Laufzeiten von Atomkraftwerken
unterstützen." Die Union weiß, dass sie mit dem Eppler-Vorschlag in die
Bredouille geraten kann: Sie müsste nämlich endlich Stellung beziehen, ob
sie auch Neubauten von Atommeilern in Deutschland anstrebt - womit sie eine
deutliche Mehrheit der Bürger gegen sich hätte.
Wirklich freuen kann sich die Union über den Vorschlag folglich nicht,
zumal Eppler als Vorreiter einer Aufweichung des Atomausstiegs nicht taugt.
Denn er macht aus seiner Ablehnung der Atomenergie keinen Hehl und warnt
immer wieder vor der Bedrohung durch "atomaren Terror". "Terroristen
spielen kein Schach. Wer selbst sterben will, möchte möglichst viele
mitnehmen", sagte Eppler.
Für den SPD-Politiker, der seit Jahrzehnten im Umweltschutz, in der
Entwicklungszusammenarbeit und in der Kirche sehr aktiv ist, geht es mit
dem aktuellen Vorschlag vielmehr darum, endlich einen wirklichen
Atomkonsens in der Gesellschaft zu zementieren, der nicht ständig von
Gegnern unterminiert wird. Der Verfassungsrang wäre da ein starkes Signal.
Doch auch in der eigenen Partei findet Eppler wenig Unterstützung.
Generalsekretär Hubertus Heil sagte sofort, es werde bei den
Sozialdemokraten "keine Rolle rückwärts" in der Ablehnung der Atomkraft
geben. Was in Deutschland am dringendsten gebraucht werde, seien
Investitionen in "moderne Kraftwerkstechnik, erneuerbare Energien und
Effizienz". Lasse man die alten, steuerlich abgeschriebenen Atommeiler nun
noch länger als geplant am Netz, werde "genau das nicht stattfinden".
Auf Distanz zum Eppler-Vorschlag gingen auch die Grünen. Die
stellvertretende Fraktionsvorsitzende Bärbel Höhn sagte, die ungelöste
Endlagerung von Atommüll "ist und bleibt eines der gravierendsten Probleme
der Atomkraft". Zudem sei es "geradezu makaber" ein Jahr nach dem
Beinahe-GAU in Forsmark und den schweren Vorfällen in Krümmel und
Brunsbüttel längere Laufzeiten zu fordern.
Fraktionschef Fritz Kuhn sprach von einem "kontraproduktiven
Gedankenspiel." Der Eppler-Vorschlag stärke nur diejenigen, die eine
Verlängerung wollten. Der Versuch, mit der Atomenergie den Klimawandel und
die Energiepreise zu bremsen, gleiche dem Versuch, "mit Pest gegen Cholera
zu kämpfen". Zudem sei Atomenergie hoch subventioniert und keinesfalls
billige Energie: Die Rückstellungen der Konzerne seien steuerfrei und der
Staat verzichte damit jährlich auf 800 Millionen Euro an Steuereinnahmen.
Gleichwohl glauben offensichtlich einige Bürger im Land, die Atomenergie
sei eine günstige Stromquelle. Der steigende Strompreis hat nämlich bereits
dazu geführt, dass die Zustimmung der Bürger zum Atomausstieg schwindet.
Eine Mehrheit gegen die Atomkraft gibt es aber noch immer - laut dem
jüngsten ARD-Deutschlandtrend befürworten derzeit 51 Prozent der
Bundesbürger den Ausstieg, 44 Prozent halten ihn für falsch. Im vergangenen
Dezember hatten noch 58 Prozent der Befragten erklärt, sie hielten den
Atomausstieg für richtig.
6 Jul 2008
## AUTOREN
Bernward Janzing
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