# taz.de -- Obama vor dem Tore: Mrs Merkel, open this gate! | |
> Der US-Präsidentschaftskandidat Barack Obama will am Brandenburger Tor | |
> reden. Könnte er nicht auf einen anderen Ort ausweichen? Die taz hat | |
> Alternativen überprüft und kommt zu einem sehr eindeutigen Ergebnis. | |
Bild: Let Obama in! Le-e-et Obama in! O-bahahama in! | |
Eins ist schon jetzt klar. Die US-Präsidentschaftswahl entscheidet sich am | |
24. Juli in Berlin. Nur deshalb streiten SPD und CDU bis aufs Blut, ob | |
Barack Obama, der Kandidat der Demokraten, am Brandenburger Tor eine | |
Europarede halten darf oder nicht. | |
Angela Merkel (CDU) hat nur "begrenztes Verständnis" für Obamas Torrede | |
geäußert. Ein Regierungssprecher betonte: "Für die Bundeskanzlerin scheidet | |
es aus, im Ausland Wahlkampf zu machen." Berlins Regierender Bürgermeister | |
Klaus Wowereit (SPD) stichelte zurück, Merkel solle "nicht mit Steinen | |
werfen". Denn auch die Kanzlerin wisse, wie man im Ausland Wahlkampf mache. | |
Möglicherweise hänge ihr Widerstand mit der Begegnung mit US-Präsident | |
Georg W. Bush beim G-8-Gipfel in Japan zusammen. Der ist Republikaner. | |
Ein Sprecher Obamas merkte derweil an, dass für die geplante Rede auch | |
andere Orte infrage kämen. Die taz hat sich gleich auf die Suche gemacht. | |
Gibt es Redeecken in Berlin, die Barack Obama gerecht würden? Und deren | |
Bedeutung der Fernsehzuschauer in den USA auch versteht? Das Ergebnis ist | |
niederschmetternd: Entweder redet Obama am Tor - oder vor dem Eiffelturm. | |
## BUNDESTAG | |
Vorteil: Der Bundestagssaal sieht mit seinem Adler recht repräsentativ | |
raus. Außerdem dürfte er dem einen oder anderen Fernsehzuschauer in den USA | |
noch bekannt vorkommen. Schließlich hielt hier der derzeitige Amtsinhaber | |
George W. Bush vor sechs Jahren seine historische Rede über … äh … hm … | |
weiß das noch jemand? | |
Nachteil: Da kommt Barack Obama ohne Einladung von Angela Merkel erst recht | |
nicht rein. | |
Fazit: Der Zutritt ist garantiert nur für Amtsinhaber möglich. | |
## CHECKPOINT CHARLIE | |
Vorteil: Da steht sowieso immer ein Schauspieler in schmucker | |
US-Army-Uniform. | |
Nachteil: Der nimmt pro Foto einen Euro. | |
Fazit: Das einst weltweit angesagte Pressemotiv leidet extrem unter | |
Panzerarmut. | |
## NEUE US-BOTSCHAFT | |
Vorteil: In dem langweiligen Neubau neben dem Brandenburger Tor haben die | |
Amis Hausrecht. Freedom of speech gilt problemlos auch für | |
Oppositionskandidaten. | |
Nachteil: Extrem hohe Sicherheitsvorkehrungen. Hier kommen nicht mal | |
Journalisten rein. | |
Fazit: Mit geschickter Kamerapositionierung könnte man Obama und das | |
Brandenburger Tor auf ein Bild bekommen. Dafür müsste sich der Kandidat | |
aber aus dem Fenster lehnen. Viel zu gefährlich. | |
## ALTE US-BOTSCHAFT | |
Vorteil: Vor dem Antiterrorwall an der Neustädtischen Kirchstraße könnte | |
Obama rufen: "Mr Bush, tear down this fence!" Da der Zaun eh demnächst | |
abgerissen wird, würde Obama in etwa einem Jahr als prophetische Figur in | |
die Geschichte eingehen. Sein Sohn könnte dann - wie aktuell der eines | |
gewissen Ronald Reagan - in etwa 20 Jahren ein Denkmal fordern. | |
Nachteil: Typen, die an Zäunen rütteln, sind seit Gerhard Schröder total | |
uncool in Germany. | |
Fazit: Gewählt wird im November. Ein Abriss in Berlin dauert länger (siehe | |
Palast der Republik). | |
## RESTAURANT GUGELHOF | |
Vorteil: Die Betreiber lassen US-Präsidenten ins Haus. Da hat schon Bill | |
Clinton mit Gerhard Schröder gegessen. | |
Nachteil: Die Gegend um den Kollwitz-Platz ist auch nicht mehr das, was sie | |
mal war. | |
Fazit: Mit vollem Mund spricht man nicht! | |
## RATHAUS SCHÖNEBERG | |
Vorteil: Hat einen tollen Balkon, auf dem man wunderbar Dinge behaupten | |
kann, wie "Ish bin ein Bearleener". Sehr beliebt bei demokratischen | |
US-Präsidenten mit Charisma. | |
Nachteil: Seit dem Mauerfall weiß selbst in Berlin kaum noch jemand, wo | |
dieses historische Rathaus eigentlich sein soll. | |
Fazit: Da kommt kein Schwein hin, außer am Wochenende, da ist Flohmarkt. | |
## PALAST DER REPUBLIK | |
Vorteil: Hier residiert keine Regierung mehr, die etwas gegen sprechende | |
Oppositionspolitiker haben könnte. Hervorragendes Symbol für "Change!". | |
Nachteil: Der Palast ist mittlerweile doch arg runtergekommen. TV-Zuschauer | |
in den USA würden sich fragen, warum Obama in Bagdad über Europa redet. | |
Fazit: Udo Lindenberg kam gerade noch rechtzeitig, Obama kommt eindeutig zu | |
spät. | |
## FLUGHAFEN TEMPELHOF | |
Vorteil: Ab November wäre hier viel Platz für das später unausweichliche | |
Obama-Denkmal. | |
Nachteil: Wirkt authentisch nur auf Schwarz-Weiß-Aufnahmen. | |
Fazit: Da zappt jeder US-Fernsehzuschauer gleich weiter. | |
## ONKEL TOMS HÜTTE | |
Vorteil: U-Bahnhof in Dahlem mit literarischem Bezug zur US-amerikanischen | |
Geschichte. | |
Nachteil: U-Bahnhof in Dahlem mit literarischem Bezug zur US-amerikanischen | |
Geschichte. | |
Fazit: Geht gar nicht. | |
11 Jul 2008 | |
## AUTOREN | |
Gereon Asmuth | |
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