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# taz.de -- taz-Serie zu steigenden Energiepreisen (V): Frischer Wind für Tür…
> Der türkische Staatssender baut Windräder, die Müllabfuhr kommt mit dem
> Esel. Indes lässt mancher Bauer seinen Traktor nur stehen, damit
> Journalisten ein hübsches Bild bekommen
Bild: Langsam kommen die Rotoren auch in der Türkei in Fahrt. Das Fernsehen ma…
ISTANBUL taz Es war eine Meldung, die einschlug. Anfang Juni berichtete die
türkische Tageszeitung Zaman, dass angesichts der exorbitanten Spritpreise
in der Türkei - der höchsten in Europa - türkische Bauern den Esel
wiederentdeckt hätten. "Ich lasse meinen Traktor im Stall und hab mir
stattdessen wieder einen Esel zugelegt", wurde ein Bauer zitiert, der auch
gleich im Foto auf seinem Esel abgelichtet war. Der Diesel für den Traktor
sei einfach zu teuer geworden.
Die Story hatte Charme und war vor allem plausibel. Die Benzinpreise in der
Türkei setzen nicht nur den Bauern zu, die ganze Wirtschaft stöhnt und
jeder Autofahrer wusste sich solidarisch mit den Bauern. Die Story machte
Furore weit über die Türkei hinaus und ließ die Telefone der
Korrespondenten klingeln. So auch bei der ARD. Doch als die Kollegen in dem
betreffenden Dorf ankamen, saß der Bauer wieder auf seinem Traktor.
Für die Eselstory hatte er sich für seinen Neffen, der als Lokaljournalist
arbeitet, auf einem Esel ablichten lassen, eben weil alle andauernd über
die hohen Spritpreise klagten. Doch auch wenn die türkischen Bauern nicht
flächendeckend auf ihren Maschinenpark verzichten - wo immer möglich wird
nach Alternativen zu den Spritfressern gesucht. Und Esel und Mulis sind für
manche Tätigkeiten auch heute noch einsetzbar.
Ein Beispiel ist die Müllabfuhr in Mardin, der schönsten Stadt im
kurdischen Südosten des Landes, nahe der syrischen Grenze. Die Stadt liegt
an einem Berghang und hat viele enge Gassen. In Istanbul werden in solchen
Lagen besonders kleine Müllwagen benutzt, in Mardin setzt man dagegen auf
die guten alten Esel. Mit zwei Tonnen behängt, zockeln sie durch die engen
Gassen und werden mit dem Müll des Basars beladen. Auch in der Region rund
um das zentralanatolische Konya sollen tatsächlich mehr Esel auf dem Feld
wieder zum Einsatz kommen, was den Preis für die Viecher angeblich bereits
verdoppelt hat.
Andere wollen sich dagegen nicht mit den Methoden von gestern begnügen,
sondern haben die Zukunft fest im Blick. Das türkische Staatsfernsehen TRT,
in der bunten Medienwelt eher als verschnarcht bekannt, macht jetzt abseits
seines eigentlichen Programmauftrages Furore. TRT, so kündigte die Leitung
des Hauses jüngst an, werde versuchen, in Zukunft seinen Energiebedarf
allein mit Windkraft zu decken.
Da es in der Türkei noch kein Gesetz zur Einspeisung von erneuerbaren
Energien in das nationale Stromnetz gibt, will TRT selbst Windturbinen
aufstellen lassen und verhandelt mit mehreren Energiekonzernen. Windkraft
ist in der Türkei als Energielieferant noch avantgardistisch. Bisher wird
der stark steigende Bedarf aus Kohle-, Gas- und Wasserkraftwerken gedeckt.
Doch Windkraft ist im Kommen. Das Energieministerium hat im letzten Herbst
entlang der Ägäis und der Mittelmeerküste etliche Regionen ausgewiesen, in
denen Windräder aufgestellt werden dürfen. Vorreiter dafür ist die
Ägäis-Insel Bozcaada.
Hier, im äußersten Westen des Landes, wurden bereits vor zehn Jahren alte
Windmühlen durch den ersten Windpark der Türkei ersetzt. Vierzehn große
Windturbinen drehen sich auf einer Klippe am Westzipfel der Insel. Sie
produzieren viel mehr Strom, als auf der Insel benötigt wird. Deshalb gibt
es ein Unterwasserkabel, durch das der Windpark von Bozcaada die Stadt
Canakkale auf dem Festland mit versorgt. Im Gegenzug hat man von Canakkale
auf dem Meeresgrund eine Süßwasserleitung nach Bozcaada verlegt. Moderne
Technologie ergänzt sich mit traditionellem Tauschhandel - und alle sind
zufrieden. JÜRGEN GOTTSCHLICH
26 Aug 2008
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
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