# taz.de -- taz-Serie zu steigenden Energie- und Rohstoffpreisen (VI): Pasta is… | |
> In Italien treten die Kunden tageweise in den Streik, weil ihre Nudeln zu | |
> teuer werden. Ganz verzichten können sie aber nicht. So freuen sich die | |
> Produzenten über höhere Gewinne. | |
Bild: Seit der Weizenpreis nach oben ging, müssen Italiener auch mehr für ihr… | |
ROM taz "Guck mal, ein Sonderangebot!" Voller Freude hält der junge Mann | |
seiner Freundin ein Paket Barilla-Nudeln unter die Nase. Dann schaut er | |
noch mal auf die Farfalle-Packung, seine Augen weiten sich voller Staunen, | |
er lacht sarkastisch. "Haha, lustiges Angebot, 95 Cent - die kosten ja mehr | |
als vorher!" Am Ende aber füllen die beiden dann doch ihren Korb reichlich | |
mit Päckchen aus der zweifelhaften Sonderaktion - sie haben keine andere | |
Wahl: Der rasant gestiegene Weizenpreis hat alle Nudelprodukte verteuert. | |
An die zehn Meter Länge misst in dem Supermarkt in Rom das Pasta-Regal. | |
Farfalle, Penne, Tortiglioni, Spaghetti, Rigatoni, die endlose | |
Sortenvielfalt stapelt sich da. Schließlich ist Pasta der wichtigste | |
Treibstoff der Italiener, der ihren Motor Tag für Tag am Laufen hält. | |
Stolze 110 Kilo jährlich verputzt eine vierköpfige Familie. Statistisch | |
isst jeder Italiener von null Jahren aufwärts bis zum Greis täglich | |
wenigstens einen Teller Nudeln. | |
Jahrzehntelang war das Grundnahrungsmittel richtig billig. Eine | |
500-Gramm-Packung No-Name-Nudeln kostete noch vor drei Jahren 40 Cent, und | |
die Edel-Marke De Cecco war unter 90 Cent zu haben. Jetzt aber ist De Cecco | |
im Supermarkt um die Ecke nicht unter 1,30 Euro zu bekommen, und so gut wie | |
alle Premiummarken haben die Ein-Euro-Schwelle überschritten; selbst die | |
namenlosen "Billig"-Nudeln liegen bei 70 Cent. | |
Seit zwei Jahren kennt die Preisralley für Pasta nur noch eine Richtung: | |
aufwärts. Schon im Jahr 2007 stöhnten die Verbraucherverbände über | |
Zuschläge von über 20 Prozent, forderten sie im Oktober letzten Jahres die | |
Konsumenten gar zu einem eintägigen Pastastreik auf. Doch die Aktion war | |
ein Schlag ins Wasser. Erst vor wenigen Tagen gab das Statistische Amt | |
Italiens bekannt, seit Sommer 2007 sei der Preis für Nudeln aus | |
Hartweizengrieß um weitere 30 Prozent gestiegen. | |
Doch die Nudelfabrikanten sehen sich selbst als Opfer. Allein der hohe | |
Weizenpreis sei Grund der Teuerungen, behauptet ihr Verband. Und Guido | |
Barilla, Mitglied der berühmten Pastadynastie, nannte in einem Interview | |
zwei Hauptschuldige: den Klimawandel und George Bush. Die | |
Klimaveränderungen hätten, so Barilla, zu schlechten Ernten geführt, und | |
US-Präsident Bush habe mit seiner Unterstützung von Biotreibstoffen für | |
eine Verknappung des Angebots gesorgt, weil die Bauern nun lieber Mais als | |
Weizen anbauten. "Schwachsinnig" findet Barilla diese Politik: "Man kann | |
doch nicht heilige Rohstoffe dazu nutzen, den Durst von Geländewagen zu | |
stillen!" | |
Seit Frühjahr 2008 aber fallen die Weizenpreise wieder, für 2008/2009 wird | |
weltweit eine Rekordernte erwartet. Auf die Pastapreise in den Geschäften | |
hat diese Entwicklung bisher nicht durchgeschlagen. Deshalb ist es am 18. | |
September wieder so weit: Die Verbraucherverbände mobilisieren zu einem | |
neuen eintägigen Einkaufsboykott. Doch die Nudelproduzenten schreckt das | |
nicht. Der Pastaverbrauch im Land nämlich ist trotz der happigen | |
Preissteigerungen stabil geblieben - ohne Nudeln geht halt nichts in | |
Italiens Haushalten. | |
2 Sep 2008 | |
## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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