# taz.de -- EWE will VNG schlucken: Größter Ost-Konzern vor Übernahme | |
> Die Oldenburger EWE will die Mehrheit an der Leipziger Verbundnetz Gas AG | |
> übernehmen - dem größten ostdeutschen Unternehmen. Die VNG kämpft um ihre | |
> Selbständigkeit. | |
Bild: Am Mittwoch noch gefeiert von der Kanzlerin zum 50. Firmenjubiläum: VNG-… | |
DRESDEN taz 18 Jahre nach der Wirtschafts- und Währungsunion kämpft der | |
damals am erfolgreichsten privatisierte DDR-Betrieb um seine | |
Selbständigkeit. Die Leipziger Verbundnetz Gas AG (VNG) ist ins Visier | |
ihres eigenen Hauptaktionärs EWE geraten. Der Oldenburger Energieversorger | |
versucht, seinen Anteil von 47,9 Prozent auf eine Aktienmehrheit | |
aufzustocken. Der Leipziger SPD-Landtagsabgeordnete Gunther Hatzsch sprach | |
am Donnerstag im Sächsischen Landtag vom "Übernahmekampf eines rentablen | |
ostdeutschen Unternehmens mit rosigen Zukunftsaussichten". | |
Die 50-Jahres-Feier der VNG am Mittwoch trug deshalb makabre Züge. Man ist | |
mit 5 Milliarden Euro Jahresumsatz zwar der größte ostdeutsche Konzern und | |
der drittgrößte deutsche Gasimporteur. Die Freude über tiefschwarze Zahlen | |
blieb bei Vorstandschef Klaus-Ewald Holst angesichts der drohenden | |
Übernahme aber gedämpft. Der Angreifer, EWE-Vorstandschef Werner Brinker, | |
wurde bei der Feier meist geschnitten. | |
Schon im Vorjahr hatte Sachsens ehemaliger Regierungskönig Kurt Biedenkopf | |
EWE gutachterlich eine "vollständige Übernahmeabsicht" und "Absorption" der | |
VNG bescheinigt. Zu diesem Zweck versucht der Großaktionär, einzelne der | |
zwölf kommunalen Anteilseigner in Mitteldeutschland herauszubrechen, die | |
zusammen eine Sperrminorität von rund einem Viertel der Anteile halten. | |
Ende Januar 2008 gingen die Stadtwerke Jena-Pößneck mit schlechtem Beispiel | |
voran, als sie ihren 1-Prozent-Anteil zum dreifachen Marktwert an EWE | |
veräußerten. Halle ist der nächste Wackelkandidat. | |
Im Verhalten von EWE sehen Regierung und Landtag in Sachsen einen Verstoß | |
gegen Auflagen des Bundeswirtschaftsministeriums aus dem Jahr 2002 und den | |
folgenden Konsortialvertrag. Als Bedingung für die Genehmigung der Fusion | |
von Eon und Ruhrgas hatten die beiden Unternehmen damals ihre VNG-Anteile | |
abgeben müssen. Um Wettbewerb und Selbständigkeit zu wahren, sollte | |
stattdessen die norddeutsche EWE AG als "strategischer Partner" bei der VNG | |
einsteigen. Weil es sich damals um eine politische Entscheidung handelte, | |
wird die Lage der VNG auch heute als Politikum gesehen. Der Sächsische | |
Landtag votierte einstimmig für die Selbständigkeit der VNG. | |
Es geht dabei auch um die Symbolwirkung einer ostdeutschen | |
Erfolgsgeschichte. Gute Verbindungen in die ehemalige Sowjetunion und die | |
wachsende Bedeutung des Erdgases trugen dazu bei. Auf dem Spiel stehen nun | |
der Konzernsitz in Leipzig, kräftige Steuereinnahmen, 1.200 Arbeitsplätze | |
und Sponsoring. | |
Am 1. September haben die Kommunen den Konsortialvertrag mit EWE wegen der | |
Verstöße gekündigt. Sie bleiben das Zünglein an Waage, während sich im | |
Hintergrund eine Art Lagerkampf abzeichnet. EWE sieht sich durch den | |
Einstieg seines Großaktionärs EnBW bei VNG gestärkt. Auf der anderen Seite | |
verfolgte Gazprom-Chef Alexej Miller mit seiner Anwesenheit in Leipzig | |
gewiss auch strategische Interessen. Der weltgrößte russische Gasexporteur | |
hält derzeit 5 Prozent Anteil an der VNG. Auch die BASF-Energietochter | |
Wintershall zeigt sich bereit, "mehr Verantwortung zu übernehmen". | |
12 Sep 2008 | |
## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
## TAGS | |
BASF | |
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