# taz.de -- Grüner Finanzexperte über Bankenkrise: "Bisher gibt es kein Notfa… | |
> Die größte Bankenkrise seit 1929 kann nicht einfach weggelächelt werden, | |
> meint der grüne Finanzexperte Gerhard Schick. Er fordert einen | |
> Untersuchungsausschuss. | |
Bild: Bankenkrisen kosten den Steuerzahler Milliarden. | |
taz: Herr Schick, Sie fordern einen Untersuchungsausschuss im Bundestag, | |
der den Kollaps der Mittelstandsbank IKB im Zuge der Finanzkrise | |
untersuchen soll. Was ist das Ziel? | |
Gerhard Schick: Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesfinanzminister Peer | |
Steinbrück versuchen, die größte Bankenkrise seit 1929 einfach | |
wegzulächeln. Wir brauchen Aufklärung über die Ursachen und Folgen. | |
Die Regierung verhält sich unverantwortlich? | |
Wir haben es mit Schäden für die Steuerzahler zu tun wie nie zuvor. Allein | |
bei der IKB in Düsseldorf erwartet das Bundesfinanzministerium Kosten für | |
die Allgemeinheit von 10,8 Milliarden Euro. Wieso konnte die deutsche | |
Bankenaufsicht nicht rechtzeitig die Notbremse ziehen? Diese und andere | |
Fragen müssen dringend geklärt werden. | |
Sind der Verlust der IKB und der Sachsen Bank nicht Kleinkram im Vergleich | |
zu dem, was in den USA passiert? | |
Noch haben wir Glück im Unglück. Um Schlimmeres zu verhindern, muss die | |
deutsche Bankenaufsicht aus ihren Fehlern lernen. Bisher ist sie dazu nicht | |
bereit. | |
Ein Untersuchungsausschuss braucht Monate oder Jahre. Gibt es nicht bessere | |
Methoden, an die Informationen zu kommen? | |
Nein, im Finanzausschuss des Bundestages kommen wir nicht weiter. Die | |
Regierung mauert mit dem Hinweis auf ihre Geheimhaltungspflicht. | |
Welche Fehler hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht | |
(Bafin) gemacht? | |
Sie hat die milliardenschweren Risiken bei der IKB und der Sächsischen | |
Landesbank nicht rechtzeitig erkannt. | |
Wäre die Bankaufsicht dazu in der Lage gewesen, wenn sie gewollt hätte? | |
Nur teilweise. Denn bisher war es den Banken gestattet, bestimmte | |
Risikogeschäfte in Tochtergesellschaften auszulagern, die nicht in der | |
Bilanz erschienen. Das müssen wir dringend ändern. | |
Welche weiteren Schritte zur besseren Regulierung des Finanzmarktes | |
schlagen Sie vor? | |
Die Banken sollen risikoreiche Transaktionen mit größeren Summen | |
Eigenkapitals absichern. Das machte solche Geschäfte teurer, die Institute | |
würden dementsprechend vorsichtiger. Außerdem brauchen wir auf europäischer | |
Ebene klare Zuständigkeiten, damit die unterschiedlichen Institutionen im | |
Notfall schnell und koordiniert reagieren können. Solch ein Notfallsystem | |
gibt es bisher nicht. | |
Wäre es sinnvoll, dass der Staat neue Finanzprodukte testet und genehmigt, | |
bevor sie auf den Markt kommen? | |
Damit wäre er überfordert. Die Finanzaufsicht muss aber in die Lage | |
versetzt werden, die Risiken zu verstehen, die mit den neuen | |
Finanzprodukten und Wertpapieren zusammenhängen. | |
Die US-Notenbank hat dem Versicherungskonzern AIG in der vergangenen Woche | |
85 Milliarden Dollar geliehen, um dessen Pleite zu verhindern. Zeigt diese | |
Größenordnung, dass möglicherweise nicht nur die Banken, sondern auch die | |
Regierungen mit dieser Krise finanziell schon überfordert sind? | |
Nein, die Mittel, die Notenbanken und Regierungen zur Verfügung stehen, | |
reichen aus, um eine große Krise einzudämmen. Aber man muss sie auch | |
konsequent anwenden. In Deutschland und Europa ist das bisher nicht | |
möglich. | |
INTERVIEW: HANNES KOCH | |
22 Sep 2008 | |
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