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# taz.de -- Kommentar Bankenkrise: Das Ende der Wall Street
> Die Investmentbanken selbst rufen nach mehr Kontrolle. Doch die Politiker
> zögern noch. Dabei hätten diese schon lange handeln müssen.
Bild: Befürwortete staatliche Eingriffe früher als sein Herausforderer McCain…
Es waren acht Tage, die die Wall Street erschütterten. Angefangen mit dem
Bankrott der viertgrößten Investmentbank der USA, Lehman Brothers, und dem
Verkauf der Nummer drei, Merrill Lynch, an die Bank of America. Dann hieß
es, auch Morgan Stanley wolle sich in die Arme einer Universalbank aus der
Provinz retten. Gestern gab es die Gewissheit: Der
US-Investmentbankingsektor löst sich komplett selbst auf.
Höchste Zeit ist es. Die Idee, die in den USA zur Trennung von Investment-
und Geschäftsbanken führte, war längst pervertiert worden - ein Opfer der
neoliberalen Deregulierungswut. Sie stammt aus einer Zeit, die der heutigen
nicht ganz unähnlich ist. Nach dem Börsencrash von 1929, dem Run auf die
Banken und der darauf folgenden Weltwirtschaftskrise wurde, wie heute, der
Ruf nach strenger Regulierung laut. Unter anderem sorgte die Regierung
dafür, dass die normalen Geschäftsbanken mit ihren zahlreichen Konten
kleiner Leute isoliert wurden von den Risiken des Investmentbankings, also
den großen Deals mit den Konzernen. Doch in späteren Boomzeiten empfand man
Regeln nur noch hinderlich.
1999 wurden die meisten Auflagen abgeschafft, die Wall Street wurde zur
Goldgrube. Das Ende des Internetbooms erschien da nur als temporärer
Rückschlag. Schnell schwenkte man um, etwa zum lukrativen Weiterverkauf von
Krediten und zum Spekulieren auf Pump. Doch die Gier nach beständig
wachsenden Profiten machte blind gegenüber den mitwachsenden Risiken.
Winselnd ruft jetzt der Finanzsektor selbst nach dem Staat. Die
Investmentbanken begeben sich freiwillig unter seine Kontrolle.
Erschütternd daran ist eigentlich nur, dass es die Banken waren, die jetzt
handelten - während der Staat von Durchgreifen bislang nur redet. Zwar ist
die Selbstaufgabe der Investmentbanken auf den europäischen Markt nicht
übertragbar, weil es das Modell hier so nicht gab. Aber die Notwendigkeit
einer strikten Regulierung des Marktes, die die Ereignisse der letzten acht
Tage demonstrierten, besteht diesseits des Atlantiks genauso wie jenseits.
Wenn schon die Banken selbst das so sehen, fragt sich, worauf die Politik
noch wartet.
22 Sep 2008
## AUTOREN
Nicola Liebert
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