# taz.de -- Kommentar: Schon ein totes Kind wäre zuviel | |
> Die Klappe ergänzt auf sinnvolle Weise Angebote für Mütter und vielleicht | |
> auch Väter, die - warum auch immer - keine Zukunft mit einem Kind sehen. | |
Bild: Hier sind Neugeborene in Sicherheit: Babyklappe in Hamburg | |
Jaja, natürlich lässt sich alles ganz nüchtern betrachten. Bei über 30.000 | |
Geburten jährlich in Berlin ist es zahlenmäßig nicht viel, wenn in acht | |
Jahren 32 Kinder in Babyklappen landen. 0,013 Prozent sind das nur. Lohnt | |
sich da der Aufwand? Ja. Und zwar wortwörtlich in jedem Fall. Denn dieser | |
mathematisch so geringe Wert steht für 32 mal Leben. Genauer: 32 mal | |
Über-Leben | |
Die Babys hätten doch vielleicht auch so überlebt, argumentieren die | |
Gegner, die Klappe schaffe doch erst ihre eigene Nachfrage, biete quasi | |
eine Verlockung, ein ungewolltes Kind einfach und ohne Konsequenzen | |
loszuwerden. Zugegeben, es gibt keine Beweise, keine Kontrollgruppe, die | |
wie bei wissenschaftlicher Forschung belegen würde, wie es ohne Babyklappe | |
gelaufen wäre. Doch allein die Möglichkeit, dass auch nur eines jener 36 | |
Kinder gestorben wäre, müsste alle schweigen lassen, die den Sinn der | |
Klappe hinterfragen. | |
Wer will denn riskieren, dass es anders wäre? Dass schlimmstenfalls jedes | |
einzelne dieser 32 Kinder ohne die Babyklappe tot wäre, in der Mülltonne | |
gelandet, auf der Straße erfroren? Im Strafprozess gilt eine schlichte | |
Regel, wenn Beweise fehlen: In dubio pro reo, im Zweifel für den | |
Angeklagten. Hier muss ganz klar sein: im Zweifel für das Leben, im Zweifel | |
für die Klappe. Lieber eine vorschnelle Trennung vom Kind als ein totes | |
Baby riskieren. | |
Die Klappe ergänzt auf sinnvolle Weise Angebote für Mütter und vielleicht | |
auch Väter, die - warum auch immer - keine Zukunft mit einem Kind sehen. | |
Umfangreiche Beratungsangebote, Hilfen und Adoption müssen weiter die | |
zentralen Säulen sein. Die Klappe richtet sich an eine Minderheit, bei der | |
diese Angebote nicht greifen. Sie ist ein Muss. Sie muss bleiben. | |
24 Oct 2008 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
Stefan Alberti | |
## TAGS | |
Adoption | |
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